Michael Barej vom Naturkundemuseum Berlin konnte seinen Augen nicht trauen, als er erkannte, dass er nicht nur eine neue Frosch-Art entdeckt hatte, sondern gleich eine neue Familie. In einer Pressemitteilung des Museums schreibt er: «Eine neue Wirbeltiergattung zu entdecken ist schon klasse, aber als unsere Ergebnisse andeuteten, dass wir eine neue Familie entdeckt haben könnte, musste ich meine Euphorie erst einmal bremsen! Es erschien einfach zu unglaublich…».

Barej hat mit seinen Kollegen in Berlin sowie zwei Wissenschaftlern aus Genf und Basel Frösche in Afrika untersucht. Die Stromschnellenfrösche sind aus Regenwäldern in West-, Zentral- und Ostafrika bekannt, über den Grad ihrer Verwandtschaft wussten sie aber bislang nur wenig. Das hat sich nun geändert. Die Frösche Westafrikas, so stellte sich heraus, sind mit den anderen untersuchten Arten nicht näher verwandt. Für Barej war diese Entdeckung sein wissenschaflicher «Sechser im Lotto».

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 Im CT-Scan sind die aussergewöhnlichen Zähne des Frosches gut zu erkennen.
 Bild: Michael F. Barej

Die Familie der Zahnfrösche
Tatsächlich konnten die Wissenschaftler zeigen, dass sich die westafrikanischen Stromschnellenfrösche bereits in der Kreidezeit, also zu Zeiten der Dinosaurier, von anderen Froschgruppen abgespalten haben müssen. Neben genetischen Unterschieden fanden die Forscher auch diverse anatomische Besonderheiten. Als Konsequenz dieser Entdeckung schufen Michael Barej und seine Kollegen in der Fachzeitschrift «Frontiers in Zoology» eine neue Familie für diese Tiere, die Odontobatrachidae.

Der wissenschaftliche Name der neuen Froschfamilie, abgeleitet aus den griechischen Wörtern für Zahn und Frosch, verweist auf eine weitere, anatomische Überraschung: völlig froschuntypische, lange, spitze und nach hinten gebogene Zähne im Oberkiefer und massive Fangzähne im Unterkiefer. Wofür die Frösche diese Zähne brauchen ist noch unklar, womöglich jagen und fressen sie andere Frösche, wie computertomografische Aufnahmen eines kleinen Froschskelettes im Magen eines der Tiere nahelegen.

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 Bild: Mark-Oliver Rödel

 


Schub für den Tierschutz?
Die Entdeckung einer neuen Froschfamilie ist laut dem Museum für Naturkunde Berlin auch für den Naturschutz von Bedeutung. Die Zahnfrösche leben nur in wenigen Regenwaldresten der westafrikanischen Länder Guinea, Sierra Leone, Liberia und Elfenbeinküste. Dass ausgerechnet diese Wälder eine nur auf sie beschränkte Wirbeltierfamilie beherbergen, unterstreiche deren Bedeutung als «Hotspot der Biodiversität» noch weiter. Mark-Oliver Rödel vom Berliner Naturkundemuseum hoffe deshalb, dass die Entdeckung der neuen Froschfamilie den dringend notwendigen Schutzbemühungen um diese Wälder neuen Schub verleihen könnte.

 

Studie:
Barej, M.F., A. Schmitz, R. Günther, S.P. Loader, K. Mahlow & M.-O. Rödel (2014): The first endemic West African vertebrate family – a new anuran family highlighting the uniqueness of the Upper Guinean biodiversity hotspot. – Frontiers in Zoology 11:8 doi:10.1186/1742-9994-11-8
http://www.frontiersinzoology.com/content/pdf/1742-9994-11-8.pdf