Hunde, die häufig ängstlich sind, leiden nicht nur selber darunter und haben eine verminderte Lebensqualität. Zeigt ein Hund nicht die «gewünschten» Verhaltensweisen, neigen überforderte Halter auch eher dazu, ihn in ein Heim abzugeben. Führt die Angst gar zu Aggression, kann dies andere Menschen gefährden. Ausserdem, so schreibt Milla Salonen, Doktordandin in medizinischer Genetike an der Universität Helsinki, diese Woche im Fachblatt «Scientific Reports», führen Angst und Stress auch beim Hund häufiger zu Krankheit und einer geringeren Lebenserwartung.

In einer gross angelegten Studie wollten Salonen und ihr Team deshalb herausfinden, wie ängstliches Verhalten unter Hunden verbreitet ist und ob es genetische Grundlagen dafür gibt. Eine Umfrage unter Haltern von 13’700 Hunden von 260 verschiedenen Rassen in Finnland ergab, dass über 72 Prozent der Hunde ein als «problematisch» eingestuftes Verhalten zeigen. Sieben solche Verhaltensweisen wurden vorher definiert: Lärmempfindlichkeit, Angst (beispielsweise vor anderen Hunden, Menschen oder neuen Situationen), Angst vor Oberflächen und Höhen, Unaufmerksamkeit/Impulvsivität, Zwangsverhalten, Aggression und Trennungsangst.

Wie die Umfrage ergab, hatten 32 Prozent der Hunde Angst vor Lärm, während allgemeine Angst mit 29 Prozent am zweithäufigsten vorkam. Am wenigsten häufig waren Aggression (14 Prozent) und Trennungsangst (5 Prozent). Viele der Hunde zeigten mehrere dieser Verhaltensweisen gleichzeitig. So kommt Angst besonders häufig bei aggressiven Hunden vor (51 Prozent) und bei solchen, die unter Trennungsangst leiden (48 Prozent). 45 Prozent der impulsiven Hunde leiden ebenfalls unter Angst.

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Interessanterweise zeigte sich auch, dass es offensichtlich zwischen den verschiedenen Hunderassen grosse Unterschiede gibt. So waren beispielsweise 11 Prozent der Zwergschnauzer aggressiv gegenüber Fremden, bei den Labrador Retrievern waren es dagegen nur 0,4 Prozent. Border Collies neigten zu den Zwangsverhaltensweisen «nach Fliegen schnappen» und «Starren». Lagrotto Romagnolos wiederum waren eher lärmempfindlich. Mischlingshunde zeigten bei den meisten Verhaltensweisen eine sehr hohe oder hohe Prävalenz.

Diese Resultate zeigen, dass ängstliches Hundeverhalten wohl eine genetische Grundlage hat, schreiben Salonen und ihre Kollegen. Um das Wohlbefinden der Hunde zu verbessern, schlagen sie daher vor, vermehrt weniger ängstliche Tiere zur Zucht zu benutzen. Dass manche dieser Störungen häufiger miteinander auftreten als andere, deute darauf hin, dass sie auch genetisch miteinander korrelieren. Züchte man also gegen eine Angststörung an, könne dies auch eine andere beeinflussen. Bei 85 Millionen Hunden in Europa und 77 Millionen in den USA sei es wichtig, die Prävalenz dieser Verhaltensweisen zu senken und ihnen damit das Leben ein bisschen zu erleichtern.