Glace für Vierbeiner? In England hatte eine Ernährungs-Expertin diese Idee, nachdem ihr Labrador ganze Sommer lang dem Glace-Wagen auf der Strasse hinterherhechelte. Ihre Erfindung wurde sogar ausgezeichnet. Ruhig und zufrieden pflegte der schwarze Labrador Billy zu Füssen seiner Besitzerin Marie Sawle im englischen Hampshire zu liegen. Bis er plötzlich die Ohren spitzte, sich aufrichtete und auf seine Pfoten sprang – um mit einem gewaltigen Satz nach draussen zu verschwinden.

Es war der Glace-Wagen auf der Strasse, hinter dem Billy her war. «Ich schaute jedes Mal auf und sagte: ‹O nein, nicht schon wieder!› Denn es passierte immer von Neuem, jeden Tag. Als Hund hörte und erkannte er das Geräusch des Glockenspiels des Wagens natürlich lange vor mir», erklärt Marie Sawle. Billy ging es allerdings nicht um die Musik. Er wollte seine Ration Glace haben. So kam Sawle zu einer Übereinkunft mit dem Glace-Verkäufer. Dieser durfte Billy fortan kleine Portionen seiner Schleckereien geben.

Als Ernährungsexpertin aber machte sich Sawle über diese Gewohnheit ihres Hundes Sorgen. «Es gefiel mir nicht, dass er künstlich gesüsste Milchprodukte mit künstlichen Zusätzen, Farbstoffen und jeder Menge anderer ungesunder Zutaten futterte», sagt sie rückblickend. «Er liebte Glace. Daran gab es keinen Zweifel. Aber mir war klar, dass die Zutaten wahrscheinlich nicht sehr gut waren für das Verdauungssystem eines Hundes.»

Zuerst probierte Sawle Knochen und Fleisch als Geschmacklieferanten aus
Marie Sawle verfiel auf eine radikale Lösung: Sie erfand ihre eigene Hunde-Glace. Oder anders gesagt eine Art gefrorenes Leckerli für Vierbeiner. «Ich dachte, wenn man spezielle Hunde-Schokolädchen kaufen kann, warum dann nicht auch Hunde-Glace? Vor allem weil die Tiere ja auch unter der Hitze leiden», erzählt Sawle. Also fahndete sie im Internet nach einem solchen Produkt – dort stiess sie aber auf nichts. Geschäftssinn hatte die Hundefreundin jedenfalls genug. «Ich sagte mir: ‹Da bist du einer Sache auf der Spur!› Und so beschloss ich, meine eigene Glace zu erfinden.»

Sawle experimentierte daheim in ihrer Küche. Sie fing mit Knochen und Fleischeintopf an, testete alle Arten von Zutaten, mischte, gefror die neuen Mischungen und gab sie ihren Hunden und den Hunden von Freunden zum Probieren. Ihre private Marktforschung sagte ihr, dass sie auf dem richtigen Weg war.

«Dann habe ich zu Tierärzten und Nahrungsmittel-Behörden Kontakt aufgenommen und musste meine Idee entsprechend ändern und modifizieren», sagt Sawle. Zum Beispiel sei ihr klar geworden, dass kleine Kinder an ein Gefrierfach gehen und eine Glace heraus- holen könnten – ohne dass sie wissen, dass diese Glace für Hunde ist. Man müsse ganz sicher sein, dass man diese Glace auch als Halter problemlos essen könne. «Das hat für mich bedeutet, dass ich auf vegetarische Kost umstellen und Zutaten benutzen musste, die auch für Menschen verträglich sind», erzählt die Britin.

In Anlehnung an die berühmte Glacemarke «Ben & Jerry» nannte sie ihre tierische Glaceversion «Billy & Margot»: zum Gedenken an Billy, der inzwischen verstorben ist, und an Margot, seine kleine Schwester. Der schokoladenfarbene Labrador-Welpe Louis, ein neuer Liebling der Familie, ist jetzt der begeisterte «Vorschmecker» für Sawles Hunde-Glace.

Die selbst gemachte Leckerei wurde zum «Hunde-Produkt des Jahres» gewählt
Aus der Taufe gehoben hat Marie Sawle ihre kühle Erfrischung für Vierbeiner im März dieses Jahres auf Englands grosser Hundeshow Crufts. Bei dieser wichtigsten Kleintier-Handelsveranstaltung des Vereinigten Königreichs bekam ihre Glace das Prädikat «Hunde-Produkt des Jahres» zugesprochen. Allein in den ersten vier Monaten wurden 30'000 Eisbecher verkauft – obwohl das Wetter hundsmiserabel war.Inzwischen werden «Billy & Margot»-Glaces auch in Tierhandlungen, Strand-Cafés, Parkanlagen des National Trust und natürlich in Eisläden angeboten.

Tatsächlich ist die Glace ein Sorbet, das in drei verschiedenen Geschmacksrichtungen kommt: Erdbeer und Apfel; Honig und Banane; Apfel, Banane und Rüebli. Es ist zu 100 Prozent vegetarisch, frei von Molkereiprodukten, von künstlichem Zucker und von künstlichen Geschmacksbeimischungen, von Konservierungsstoffen, Farbstoffen, Soja, Weizen und Gluten. Es eignet sich für alle Hunderassen – für Hunde, die mindestens 14 Wochen alt sind.

«Als besonders nützlich hat sich diese Hunde-Glace erwiesen, wann immer Vierbeiner im Sommer etwas Kühlung brauchen können, wie etwa nach langen und heissen Autofahrten oder nach anstrengendem Training, nach intensivem Krafteinsatz», beschreibt Sawle ihre Erfindung. «Man nimmt ganz einfach den Deckel ab, hält seinem Hund den Becher hin – und lässt ihn nach Herzenslust schlecken.»