Ein Mann kauft von einem Züchter einen Welpen – nicht ahnend, dass der Hund ernstlich krank ist. Als er schliesslich realisiert, welche Tierarztkosten mit einem solchen Hund auf ihn zukommen, möchte er den Welpen wieder zurückgeben. Was, wenn der Züchter sich weigert, das Tier zurückzunehmen? Ein typischer Fall für Sonja Blaas. Sie hat im letzten August eine Hundeschule inklusive Rechtsberatung gegründet: Advodog GmbH in Zürich. «Ich habe einmal erlebt, dass ein Züchter dem Käufer angeboten hat, den Hund für die Hälfte des Kaufpreises wieder zurückzunehmen», sagt Blaas. Leider sei dieser Hundehalter damals auf das Angebot eingegangen.

Immer wieder erlebt die Juristin Fälle von gewieften Verkäufern, welche die Unwissenheit der Käufer ausnutzen. Dem daraus entstandenen Rechtsfall seien viele Halter nicht gewachsen, obwohl sie im Recht sind. Genau in einer solchen Situation möchte Blaas helfen: «Wichtig ist, dass der Käufer nicht einfach wartet, sondern den Vertrag rückgängig macht, den Hund zurückgibt und das Geld zurückverlangt.» 

Besserer Hundehalter durch mehr Wissen
Dies ist nur einer von vielen Fällen, die Blaas in ihrer Rechtsberatung für Hundehalter beschäftigen. Eine Hundeschule inklusive Rechtsauskunftsstelle ist in der Schweiz einmalig – und wie es scheint, hat Blaas, die seit vielen Jahren Hunde besitzt, damit eine Marktlücke gefunden. Die Rechtsfragen nehmen seit der Gründung laufend zu, kein Wunder, denn in der Schweiz gelten 26 verschiedene Rechtssituationen. Jeder Kanton hat seine eigenen Gesetze.

Die 37-jährige Hundeliebhaberin bietet Hundehaltern und allen, die mit dem Hunderecht in Berührung kommen, eine Anlaufstelle für rechtliche Fragen an. Eine Vertretung vor Behörden oder Gerichten übernimmt sie nicht, bietet aber kostenlos die Vermittlung eines Anwalts an. Blaas ist der Meinung, dass zu einer guten Erziehung des Hundes auch Grundkenntnisse über die rechtliche Situation der Hundehaltung in der Schweiz gehören. «Ein informierter Halter tritt sicher und verantwortungsbewusst auf und das kommt schliesslich dem Hund zugute», sagt Blaas. 

Problematisch sind Importe von Hunden aus dem Ausland. Unwissend nehmen Tierliebhaber aus Mitleid einen kupierten Hund mit nach Hause. Am Zoll wird das Tier nicht angemeldet. Was die neuen Besitzer nicht wissen: In der Schweiz sind Hunde mit operativ verkürzten Schwanzwirbeln verboten. Zu spät bemerken sie, dass sie etwas Unrechtes getan haben. Aus Angst vor Konsequenzen melden sie den Hund in der Schweiz nicht an. Eine verzwickte Situation, denn dieser Hund ist in der Schweiz illegal. Blaas rät ihren ­Klienten, mit den Behörden zu kooperieren. «Kritisch wird es, wenn das importierte Tier nicht gegen Tollwut geimpft ist», sagt sie. Da könne das Veterinäramt eine Beschlagnahmung verfügen und den Hund sogar einschläfern lassen. Blaas sieht sich in solchen Situationen vor allem als Vermittlerin zwischen Hundehaltern und Be­hörden.

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 Der American Pit Bull Terrier ist in einigen Kantonen verboten.
 Bild: Beverly & Pack/Flickr

Die verschiedenen Rassenlisten
Ein grosses Thema sind die verschiedenen Rassen, die in einigen Kantonen auf einer schwarzen Liste stehen oder ganz verboten sind. Bei der Haltung von bestimmten Hunderassen sind die Kantone Zürich, Genf, Wallis und Freiburg am strengsten, da sie zum Beispiel die Haltung des Pit Bull Terriers verbieten. Andere Kantone wie der Aargau verzichten auf ein Halteverbot von bestimmten Rassen, verlangen aber eine Haltebewilligung. Noch weniger streng ist der Kanton Zug. «Zug appelliert an die Eigenverantwortung. Bis zum 31. März läuft dort die Vernehmlassung zum neuen Hundegesetz, das weder ein Rassenverbot noch eine Bewilligungspflicht für bestimmte Hunderassen vorsieht», sagt Blaas. 

Schon viele Hundehalter sind durch die Rassenlisten mit den Behörden in Konflikt geraten. «Mit einem Listenhund darf man zum Beispiel nicht in den Kanton Zürich ziehen», sagt die Juristin. Was sie häufig erlebt, sind Züchter, die Listenhunde an Personen verkaufen, die im Kanton Zürich wohnen, ohne sie darauf aufmerksam zu machen, dass solche dort verboten sind. Bemerken dies die Käufer, sind sie gezwungen, wegzuziehen oder den Hund sofort wegzugeben. «Mit einem Strafverfahren müssen diese Hundehalter sowieso rechnen und sie riskieren die Beschlagnahmung ihrer Hunde», sagt Blaas. 

Doch der Wegzug in einen Kanton, in dem Listenhunde nicht verboten sind, bringt gleich das nächste Problem mit sich: Ziehen diese Hundehalter in den Aargau, braucht es eine Haltebewilligung und die erhält man nicht ohne Weiteres. «In solchen Situationen helfe ich den Hundehaltern, indem ich ihnen aufzeige, wie sie vorgehen und an wen sie sich als Nächstes wenden müssen», sagt Blaas. Ausserdem stellt sie den Kontakt zu einem Hundetrainer her, der ermächtigt ist, den geforderten Erziehungskurs abzuhalten. 

Der Fall des sechsjährigen Buben Süleyman, der 2005 in Oberglatt ZH von Pitbulls totgebissen wurde, war einer der Hauptgründe für die strengeren Hundegesetze. «Die Sicherheit der Öffentlichkeit steht klar an erster Stelle», sagt die Juristin. Trotzdem findet sie, dass es zu viele verschiedene kantonale Gesetze gibt. «Eine schweizweite Regelung würde vieles vereinfachen.» 

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 Mit Anders als der Deutsche und Belgische ist der Weisse Schweizer Schäferhund
 nicht auf der Glarner Rassenliste. Bild: Nicole Köhler/wikimedia.org

Mühe hat Blaas mit den Rassenlisten. Vergleicht man diese in den einzelnen Kantonen, dann sieht man, wie stark sie sich voneinander unterscheiden. Im Kanton Glarus, der neuerdings auch eine solche Rassenliste hat, sind der Deutsche und der Belgische Schäferhund aufgeführt, der Weisse Schäferhund jedoch nicht. «Man erhält den Eindruck, dass es reiner Zufall ist, welche Rasse auf dieser Liste steht und welche nicht», sagt Blaas. «Rassenlisten und -verbote sind meines Erachtens wenig sinnvoll», sagt Blaas. Auch das Bundesgericht vertritt die Auffassung, dass die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer bestimmten Rasse noch keinen zuverlässigen Aufschluss über die Gefährlichkeit des Tieres gebe und auch die Erziehung und die Umwelteinflüsse massgebend seien. 

Laut Blaas sollte man in erster Linie nicht bei der Rasse, sondern bei den Besitzern ansetzen. «Ein Hund wird nie böse geboren», sagt sie. Er kann nichts für das Fehlverhalten der Besitzer oder der Züchter. In den ersten paar Wochen im Leben eines Welpen kann vieles schieflaufen, was den Hund für sein ganzes Leben prägt. «Hier sollte es unbedingt eine schweizweite Regelung geben», sagt Blaas. Heute gibt es Verbände, wie die Schweizerische Kynologische Gesellschaft (SKG), die Zuchtrichtlinien vorgeben. Aber nur an Züchter, die dem Verband angehören. Die anderen Züchter, die keinem Verband angeschlossen sind, können machen, was sie wollen.

Die Angst vor Anzeigen ist gross 
Hundehalter müssen sich an viele Vorschriften halten. «Früher konnten Hunde auf Spaziergängen auch mal raufen und wenn einer eine kleine Bisswunde davontrug, haben dies die Hundehalter untereinander geklärt», sagt Blaas. Heute habe jeder Besitzer so grosse Angst vor einer Anzeige und deren Konsequenzen, dass er sofort in das Geschehen eingreife. 

Beisst ein Hund wirklich zu, ist es wichtig, dass auch der beschuldigte Hundehalter eine Aussage macht. So hat das Veterinäramt nicht nur den Standpunkt des Anzeigeerstatters vor den Augen. «Viele resignieren und wollen den Vorfall nicht mal schildern», sagt die Juristin. Die Angst der Halter, dass ihnen der Hund weggenommen wird, ist in solchen Situationen sehr gross. «Häufig ist die Verweigerung eine Art Schutzreaktion.» Dies kann jedoch enorme negative Folgen haben. «Ich habe schon Fälle erlebt, bei denen eine Maulkorbpflicht angeordnet wurde, nur weil der Hundehalter auf keine der Aufforderungen der Behörden reagiert hat.» 

Blaas hat manchmal den Eindruck, dass die Hundehalter durch die Vielzahl unterschiedlicher Regelungen so verwirrt sind, dass sie einfach resignieren und sich darauf verlassen, nicht erwischt zu werden. «Das geht leider in den wenigsten Fällen gut aus.» Sie appelliert deshalb an die Hundehalter, immer rücksichtsvoll zu sein, dann brauche es weniger neue Regeln mit neuen Einschränkungen. «Wir Hundehalter können dazu beitragen, dass es nicht noch mehr Vorschriften und Verbote gibt.»

www.advodog.ch