Von den Grillplätzen am Waldrand steigt Rauch auf. In kleinen Gruppen sitzen Menschen zusammen, plaudern, picknicken, hören Musik aus dosengrossen Lautsprechern. Auf den Feldwegen kreuzen sich Spaziergänger und Jogger. Biker schlängeln sich über die Pfade. Mit dem Einzug des Frühlings ist Leben aufs Plateau gekommen. So nennen die Opfiker das flache Gebiet mit seinen weiträumigen Wiesen und Feldern. Viele haben es in den letzten fast eineinhalb Jahren der Pandemie schätzen gelernt, geniessen die Natur unmittelbar vor der Haustüre – und die Möglichkeit, in ihr mit dem Hund Gassi zu gehen.

Genau das bereitet Jörg Mäder Kopfzerbrechen. «Weil die Hundegesetze in der Stadt Zürich strenger sind, weichen immer mehr Leute mit ihren Vierbeinern zu uns aus», sagt der Stadtrat, der für in Opfikon für die Ressorts Gesundheit und Umwelt zuständig ist. Er spricht sogar von einem regelrechten «Hündeler-Tourismus». Der hat auch seine Schattenseiten.

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Welche, das wird bei einem Spaziergang entlang der Weiden und Felder deutlich. Die grossen Tafeln, welche die Stadt Opfikon an deren Rändern aufstellen liess, sprechen eine klare Sprache: «Liebe Hundehalterin, lieber Hundehalter, Weiden und Wiesen dienen als Futtergrundlage für Kühe. Die Verunreinigung des Futters mit Hundekot ist eine grosse Gefahr für die Gesundheit der Tiere», ist darauf zu lesen. Nachdem die Plakate vor zwei Monaten aufgestellt wurden, nahm der «Stadtanzeiger» das Thema auf und titelte am 25. März: «Opfiker Plateau als Hundeklo».

Vermehrte Fehl- und Totgeburten
«Die Situation ist tatsächlich ernst und erfordert Handeln», bestätigt Stadtrat Mäder. Die Berichte über vermehrte Fehl- und Totgeburten von Kälbern in der Lokalzeitung sind auch ihm zu Ohren gekommen. Er kennt die Schicksale der zitierten Familien Altorfer und Güttinger, deren Milchkühe nach zwei Dritteln der Tragzeit tote Kälber zur Welt gebracht haben, wie der «Stadtanzeiger» berichtet. Er kennt den Schmerz der Landwirte, die ihre Tiere gern haben, wie weiter zu lesen ist. Genauso weiss er, was Obduktion der toten Tiere ergeben: In den Mägen der Kälber wurde der Parasit Neospora canium festgestellt.

Der Einzeller stammt aus dem Körper infizierter Hunde, die in seinem Entwicklungszyklus als Endwirt fungieren. Perfiderweise merken sie davon nichts. Werden die Eier des Parasiten jedoch über den Kot ausgeschieden und von Kühen, Schafen oder Ziegen aufgenommen, kann das für diese Tiere gravierende Folgen haben, mitunter mit tödlichem Ausgang. «Offenbar ist das vielen Spaziergängern nicht bewusst», erklärt Mäder. Und würden sie unbekümmert zusehen, wie sich ihre Hunde in den Futterwiesen versäubern. Von den Haufen, von denen es in Opfikons Feldern immer mehr gibt, geht auch langfristig Gefahr aus: Die Eier von Neospora canium bleiben über Monate hinweg infektiös.

Die Stadt setzt in einer ersten Phase auf Aufklärung
Nach den Klagen von Landwirten sah sich die Stadt Opfikon gezwungen zu handeln. Man habe dennoch nicht gleich mit der Brechstange an die Sache herangehen und Polizeistaffeln aufbieten wollen, welche die Regeln kontrollieren und durchsetzen, sagt Mäder. Regeln aufstellen und die Folgen derer Nichteinhaltung jedoch sichtbar machen, diesen Weg beurteilten er und sein Kollege aus dem Polizeiressort sowie ein Landwirt, der im Stadtrat sitzt, als angemessen. Gemeinsam beschlossen sie, an den neuralgischen Punkten des Gebiets Informationstafeln aufzustellen. Mit Bild und Text weisen seither Plakate auf die Gefahren hin und bitten Hundehalterinnen und Hundehalter, ihre Lieblinge beim Gassigehen von den Futterwiesen fern zu halten. Der Ton ist freundlich, aber bestimmt.

«Mal schauen, wie die Kampagne bei der Bevölkerung ankommt», sagt Mäder. In Opfikon scheint man sie zu zumindest zu akzeptieren. Jedenfalls seien ihm an der Stadtratsitzung letzte Woche keine Meldungen über Vandalismus an den Plakaten zu Ohren gekommen. Ob sich das Verhalten der Hündeler ändert, wird sich allerdings erst in ein paar Wochen zeigen, wenn genug Erfahrungswerte vorliegen – und Rückmeldungen der Landwirte. «Es ist jedenfalls zu hoffen, dass sich etwas ändert», hält der Stadtrat fest.

Wird der Appell erhört?
Längerfristig müsste sonst wohl über strengere Massnahmen diskutiert werden. Die Idee, Freilaufzonen zu schaffen und auf der anderen Seite Gebiete zu definieren, in denen Leinenpflicht herrscht, wurde in Opfikon erst gerade verworfen. «Unsere Situation ist eben nicht vergleichbar mit derjenigen der nicht allzu weit entfernten Stadt Zürich», weiss Mäder. Aufgrund ihrer Grösse und Hundedichte habe die Stadt eine andere Handhabe, um Regelungen in Zusammenhang mit Hunden zu erlassen. In Opfikon indes bleibt die Hoffnung, dass die Infotafeln ihre Wirkung erzielen. Für die Landwirte sei die Situation nämlich nicht mehr tragbar, betont der Stadtrat noch einmal.

Bei einem weiteren Spaziergang auf dem Plateau zeigte sich, dass die Plakate durchaus wahrgenommen werden, auch von Nicht-Hundehaltern und Bikern, die eine kurze Pause einlegen, um die Hinweise lesen. Es gibt aber eben auch die anderen. Wie den Endzwanziger im schlabbrigen Trainer, der seine drei Hunde unbekümmert in der saftige Futterwiese versäubert. Gleich neben der Hinweistafel.