Das Treffen sei enorm wichtig, mahnen Klimaschützer. Aber worum geht es eigentlich genau? 

Nächstes Jahr, so sagen Klimaforschende, muss die Weltgemeinschaft die Kurve kriegen, um das Schlimmste zu verhindern. Dann muss deutlich mehr gehen als bisher im Kampf gegen die Erderhitzung. Bevor am kommenden Montag (2. Dezember) die Uno-Klimakonferenz beginnt, betonen Klimaschützer daher: Der entscheidende Sprung 2020 kann nur klappen, wenn die Staaten in Madrid ordentlich Anlauf nehmen. 

Ein Alleinstellungsmerkmal hat die zweiwöchige Konferenz in Spaniens Hauptstadt mit rund 25'000 erwarteten Teilnehmern schon. Sie wurde in nur einem Monat organisiert, nachdem die chilenische Regierung Ende Oktober wegen der sozialen Proteste im Land abgesagt hatte. Präsidieren wird die Konferenz aber wie geplant Chiles Umweltministerin Carolina Schmidt.

Forschung zeigt Dringlichkeit   
Vor dem Start des Klimagipfels häufen sich erneut die Hiobsbotschaften der Wissenschaftler für das Erdklima. Noch immer reicht es längst nicht, was die knapp 200 Mitgliedsstaaten des Pariser Klimaabkommens planen, um den Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre steigt ungebremst weiter an.

Ein Grad wärmer als in der vorindustriellen Zeit ist es im Mittel schon jetzt, die Schweiz hat sich seit Messbeginn sogar bereits um rund zwei Grad erwärmt. Das verändert das Wetter: Hitzewellen und Dürren nehmen zu, Starkregen aber auch. Für Land- und Forstwirtschaft und für die Gesundheit steigen die Risiken, heimische Tier- und Pflanzenarten geraten unter Druck.

2015 ist das historische Klimaabkommen in Paris gelungen. 2018 beschlossen die Staaten im polnischen Kattowitz (Katowice) ein Regelwerk, nach dem nun über Fortschritte im Klimaschutz berichtet werden soll. Und diesmal? Geht es hauptsächlich um drei Themen.

Anlauf nehmen für den Klimaschutz  
Das Pariser Abkommen sieht vor, dass die Staaten alle fünf Jahre ehrgeizigere nationale Klimaschutz-Pläne vorlegen. 2020 ist es erstmals so weit. Einige Staaten haben schon im September angekündigt, nachzulegen - 66, wie Rixa Schwarz von Germanwatch erklärt, die aber zusammen nur für 8 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind. G20-Staaten sind noch nicht dabei.

Nun soll Druck aufgebaut werden, damit die Regierungen sich einen Ruck geben und die Völker mitziehen. Ehrgeizigere Ziele für das kommende Jahrzehnt, aber auch Langfriststrategien bis 2050 sind gefragt. Der Bundesrat hatte bereits Ende August beschlossen, dass die Schweiz bis 2050 klimaneutral werden soll. Das gleiche Ziel hat sich die EU gesteckt. 

WWF-Klimachef Michael Schäfer sagt, es wäre ein «extrem wichtiger Schritt», wenn die EU im Verlauf der Konferenz das Ziel, bis spätestens 2050 unterm Strich keine Treibhausgase mehr auszustossen, festschriebe. 

Internationaler Handel mit Klimaschutz  
Im Regelwerk für den globalen Klimaschutz hat Kapitel 6 noch Lücken: Dort soll festgelegt werden, wie mit Klimaschutz gehandelt werden kann. Wenn ein Staat seine Ziele übererfüllt, kann er sozusagen ein CO2-Budget verkaufen - und andere Staaten, bei denen es langsamer geht, können es kaufen. Ausserdem können auch Unternehmen, etwa Fluggesellschaften, und andere Akteure Klimaschutz finanzieren und damit ihre Klimabilanz verbessern.

Der Teufel liegt dabei im Detail, beziehungsweise der Buchhaltung: Klimaschutz-Massnahmen sollen nicht in mehreren Bilanzen auftauchen und dadurch doppelt angerechnet werden. Als problematisch gilt in den Verhandlungen vor allem Brasilien - Staatschef Jair Bolsonaro ist für Klimaschützer ohnehin ein rotes Tuch, auch wegen seines Umgangs mit den Amazonas-Bränden. 

Geld für Klimaschäden  
Bei jeder Klimakonferenz geht es auch um Geld. Die Folgen der Erderhitzung treffen zunächst vor allem ärmere Staaten heftig – und nach Stürmen und anderen Katastrophen kommen sie schwerer wieder auf die Beine. Meist wird über CO2-Sparen und Anpassung an den Klimawandel geredet, aber auch der Umgang mit Schäden und Verlusten ist für viele Länder existenziell wichtig.

Dafür wurde 2013 der sogenannte Warschau-Mechanismus eingerichtet, der dafür sorgen soll, dass Hilfsgelder in diese Länder fliessen. Nun wird offiziell überprüft, wie es läuft. Die armen Staaten bekämen an den Finanzmärkten schlechter Kredite, weil sie «klimaverletzlich» seien, kritisiert Sabine Minninger von Brot für die Welt.

Über all das wird in einer komplizierten Lage verhandelt. In der Schweiz und anderswo organisieren sich zivilgesellschaftliche Bewegungen wie Fridays for Future und fordern lautstark eine Trendwende – wenn sie es rechtzeitig über den Atlantik schafft, will die Schwedin Greta Thunberg am 6. Dezember in Madrid mit demonstrieren.

Viele Unternehmen sehen Klimaschutz inzwischen nicht mehr als Bedrohung, sondern als Geschäftsmodell. Andererseits stellen nationalistische Regierungen die internationale Zusammenarbeit in Frage, ohne die Klimaschutz nicht funktioniert – und US-Präsident Donald Trump hat den Ausstieg aus dem Pariser Abkommen in Gang gesetzt. Klimaschützer hoffen, dass der erste Trend die Verhandlungen in Madrid treibt - und der zweite sie nicht bremst.