Jüngere Leser werden wohl das Videospiel «Pokémon» noch kennen. Falls ja, dürfte ihnen die Kannenpflanze bekannt vorkommen. Unter dem Namen «Sarzenia» tritt sie im Monster-Sammel-Spiel für den Gameboy auf. Sie ist dort die finale, die ultimative Entwicklung in einer Reihe von Pflanzen-Monstern. Zu Recht, denn in der Realität kann sie es sogar mit Fröschen und Mäusen aufnehmen. Die gibt es bei den «Pokémon» auch.

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Eine gewisse Ähnlichkeit ist schon vorhanden, oder? Bilder: apes_abroad/wikimedia.org/CC-BY-SA; © The Pokémon Company/Ken Sugimori

Der Name «Sarzenia» kommt übrigens auch nicht von ungefähr: Die Schlauchpflanze, eine Verwandte der Kannenpflanze und ebenfalls Fleischfresserin, trägt die lateinische Gattungsbezeichnung sarracenia.

Flutsch und weg
Kannenpflanzen locken mithilfe von chemischen Lockstoffen Insekten, aber auch Amphibien und kleine Säugetiere in ihren Trichter. Ausserdem ist die Innenseite dieses Trichters ein UV-Licht-Reflektor, was gerade für Insekten besonders anziehend wirkt. Viel mehr machen die Pflanzen nicht. Müssen sie auch nicht, denn die Beutetiere tappen von selbst in die Falle.  

Angestachelt durch ihre Neugier finden kleine Tiere also den Weg zum vermeintlich gelobten Land im Inneren des Trichters. Die Innenwände der Kanne sind dabei mit einer wachsähnlichen Substanz bedeckt und mit Haaren übersät, die abwärts gerichtet sind. So haben Krabbler keine Chance, wieder nach oben zu klettern, wenn sie einmal drin sind.  

Es geht also nur abwärts. Und dort, ganz unten, wartet ein Verdauungssaft, der fast den Säuregrad von menschlicher Magensäure aufweist. Kleinere Beute ist also ziemlich rasch vollständig verdaut. Von Mäusen können die Pflanzen wochenlang zehren.

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Der Zwergkrug, eine Verwandte der Kannenpflanze. Bild: Denis Barthel/wikimedia.org/CC-BY-SA

Nomen est Omen
Noch etwas ausgefallener ist höchstens die Kobralilie. Sie funktioniert fast gleich wie die Kannenpflanze, nur wird sie ihrem Namen gerecht. Ihre Kanne ist nämlich mit einer Haube überdeckt und im «Gesicht» trägt sie eine rote «Schlangenzunge».

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Bild: NoahElhardt/wikimedia.org/CC-BY-SA

Die Schlangenzunge lockt die Beute an, denn sie ist voll von Nektar und auffällig rot. Darauf sind kleinste Haare, die allesamt nach oben gerichtet sind, quasi eine Rolltreppe in Richtung Schlund.  

In der Öffnung scheint sich dann das Paradies zu befinden: Dort wird besonders viel Nektar ausgesondert. In Wahrheit ist es aber das Tor zur Hölle. Denn einmal drin, gibt es kein Zurück mehr.

Trügerische Aussicht
Was im Schlund der Pflanze passiert, ist bereits bekannt, doch eine Besonderheit hat die Kobralilie noch: Ihre Haube. Einerseits ist es die Haube, die für das kobraähnliche Aussehen der Pflanze sorgt, andererseits ist sie eine Art Kathedralendach.  

In luftiger Höhe locken kunstvoll angeordnete Fenster zur Flucht des Beutetiers. Was es nicht sieht: Die Fenster sind keine Fenster, sondern nur lichtdurchlässige Flecken. Das fliegende Fluchttier rammt also kopfvoran in die «Scheibe», stürzt ab und ward nicht mehr gesehen.

Wohnung frei?
Nach all diesen Schauermärchen täte eigentlich jedes Tier gut daran, einen weiten Bogen um Kannen-, Schlauch- und Kobrapflanzen zu machen, doch eine kleine, aufmüpfige Fledermaus denkt nicht daran. Im Gegenteil: sie richtet sich sogar gemütlich im Trichter einer Kannenpflanze ein und bezahlt sogar Miete.