Die Schaffhauserinnen und Schaffhauser hatten vor sieben Jahren eigentlich eine klare Haltung zum Thema Wasserkraftwerke am Rhein: Sie lehnten das Wasserwirtschaftsgesetz deutlich ab. Damit wurde eine verstärkte Nutzung des Rheins für die Stromgewinnung verboten.

Nun will das Schaffhauser Kantonsparlament aber erneut am Wasserwirtschaftsgesetz schrauben - ohne das Volk miteinzubeziehen: In einigen Wochen wird das Parlament entscheiden, ob beim Gesetz eine Ausnahme für den Rheinfall eingefügt werden soll.

Der gesamte restliche Rhein auf Schaffhauser Gebiet würde also weiterhin nicht verstärkt genutzt, beim Rheinfall wären aber Kraftwerksprojekte möglich.

Vorerst geht es dabei nur um das bereits bestehende Rheinfall-Wasserkraftwerk auf Neuhauser Boden. Dort könnte die Leistung um 10 Prozent erhöht werden, ohne dass wohl spürbar weniger Wasser den Rheinfall hinunterdonnern würde.

Bereits stehen jedoch weitergehende Ideen im Raum. Konkret sind die Pläne zwar noch nicht, doch liebäugeln einige Schaffhauser Politiker mit einer deutlichen Kapazitätserhöhung.

Dafür soll dem Rheinfall in der Nacht, wenn er nicht mehr beleuchtet ist und von Touristen ohnehin nicht bestaunt wird, quasi zur Hälfte der Hahn abgedreht werden. Das Wasser würde ins Kraftwerk umgeleitet.

Die Hälfte gehört Zürich
Zürcher Kantonsräte wollten vom Grünen Baudirektor Martin Neukom deshalb in einer Interpellation wissen, was er von den Kraftwerksplänen aus Schaffhausen hält.

In der Ratsdebatte vom Montag äusserte sich Neukom diplomatisch. Es gebe ja keine konkreten Projekte. Zudem sei die geplante Änderung des Wassergesetzes eigentlich «nur eine Angleichung an unser Gesetz». «Bei uns ist ein Kraftwerk nämlich nicht verboten.»

Je nach Projekt werde Zürich aber die Konzession verweigern, sagte der Grüne Regierungsrat weiter. «Egal auf welcher Seite das Kraftwerk steht: Zürich kann mitentscheiden.»

Der Rheinfall wird touristisch zwar grösstenteils von Schaffhausen vermarktet. Die Hälfte dieses Weltwunders gehört jedoch dem Kanton Zürich. Entsprechend geht auch ohne Einverständnis aus Zürich nichts.

Mehrere Zürcher Parlamentarier äusserten sich danach weniger diplomatisch als der Grüne Regierungsrat. Bei solchen Ideen fühle er sich geradezu in die 1960er-Jahre zurückversetzt, sagte Martin Farner (FDP, Stammheim). Es müsse ja wohl nicht das letzte Naturschauspiel der Wasserkraft geopfert werden. Er hofft, dass sich die Zürcher Regierung «entsprechend in Schaffhausen einbringt».

«Nicht mal die Nagra kommt auf solche Ideen»
SP-Kantonsrat Markus Späth (Feuerthalen) hatte nur noch Kopfschütteln übrig. «Nicht mal die Nagra auf der Suche nach einem Endlager kommt auch solche Ideen.»

Die Idee eines Kraftwerks mit Wasserfassung auf Zürcher Seite und Druckstollen unter dem Zürcher Schloss Laufen sei «nicht gerade ein freundschaftlicher Akt des kleinen Bruders Schaffhausen». Und dann noch die Bauzeit während laufenden Tourismus-Betriebs. «Da fehlt mir echt die Fantasie, mir das vorzustellen», sagte Späth weiter.

Für die Grünen wiederum ist klar, dass Biodiversität «oberste Priorität» habe. Ins Kopfschütteln wollte sie aber nicht einstimmen. Schliesslich sei das Geschäft in Schaffhausen ja noch nicht durch.