O Schreck: Der Wein korkt. «Wir haben eine grosse Verantwortung gegenüber den Winzern, dass ihr Wein nicht durch muffigen Korkgeschmack ruiniert wird», sagt Michael Hänzi. Er ist Besitzer der Oenoservice Hänzi GmbH, die verschiedene Leistungen im Bereich Wein anbietet. Unter anderem ist Hänzi Berater und Vertreter für Weinverschlüsse: In der Deutschschweiz vertritt er die Produkte der Firma Chaillot Bouchons SA, die ihren Sitz in St-Prex VD hat. Seit 1902 widmet sich das welsche Unternehmen dem Thema Wein. Als eine von drei Firmen schweizweit verkauft sie verschiedene Verschlüsse für Weinflaschen, darunter auch die klassischen Naturkorken.

Jährlich werden weltweit rund 18 Milliarden Flaschen mit Weinkorken verschlossen. Alleine bei uns sind es jedes Jahr 150 Millionen Korken, die aus Flaschen gezogen werden. Die Zapfen lassen sich zu 100 Prozent rezyklieren. Das zerhackte Material wird zu Korkplatten, Isolationen oder Fussbetten verarbeitet. In der Schweiz kümmern sich zwei Sozialfirmen um das Korkrecycling.

Verantwortlich für den Korkgeschmack im Wein ist Trichloranisol (TCA). Die Verbindung entsteht, wenn chlorhaltige Pflanzenschutzmittel, die beispielsweise in den Korkeichenwäldern oder im Weinkeller genutzt werden, mit Schimmelpilzen reagieren. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen aber, dass nicht nur das vom Zapfen ausgebildete TCA für den Korkengeschmack im Wein sorgen kann, sondern auch eine schlechte Qualität des Korks. Um die Nachfrage nach Weinzapfen zu bedienen, werden auch schlecht verarbeitete Korken zu Zapfen gemacht. «Professionelle Reinigung und Lagerung des natürlich gewonnenen Korks sind extrem wichtig, um eine gute Qualität zu erreichen», betont Hänzi.

Augenschein in der Korkfabrik

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Ein Sternekoch sorgte für Standards
Chaillot Bouchons SA hat in diesem Bereich die Standards verbessert: Marc-Antoine Druz, der bis in die 1990er-Jahre die Familienfirma geleitet hat, führte Qualitätskontrollen für die Korkzapfen ein. Als Sternekoch war es ihm ein Anliegen, den Korkgeschmack im Wein zu verringern. Zusammen mit der Hochschule für Lebensmittel in Sion wurde ein Verfahren entwickelt, um zu untersuchen, ob ein Korken TCA abgibt. Nach Informationen von Hänzi werden die Korken dazu für 48 Stunden in einer Flüssigkeit eingelegt, die ein Gaschromatograf analysiert. «Dank dieses Testverfahrens erkennen wir schlechte Korken und können sie aussortieren. Der Wein wird somit nicht verfälscht. Das TCA, das für einen unangenehmen Weingeschmack sorgt, ist heute nicht mehr das Hauptproblem», sagt Hänzi. Heute geht man davon aus, dass noch eine von hundert Flaschen korkt.

Der Rohstoff Kork besteht aus der Rinde der Korkeiche, die hauptsächlich im Mittelmeerraum in Portugal, Spanien, Italien (Sardinien) und in Nordafrika wächst. Die Korkeichenwälder, deren Fläche weltweit jährlich um rund 150 000 Hektaren wächst, bieten wertvollen Lebensraum für eine grosse Anzahl von Pflanzen, Insekten, Reptilien und Vögel. Es braucht bis zu 20 Jahre, bis eine Korkeiche gross genug ist, um die Rinde zu ernten – die erste Schälung ist recht spröde und wird noch nicht für Weinzapfen genutzt. Danach braucht es sechs bis zwölf Jahre, bis eine zweite Ernte möglich ist und das Material genug glatt und biegsam ist, um daraus Weinkorken zu stanzen. In einer Lebensphase kann ein Baum bis zu 16-mal geschält werden. Nur rund 10 Prozent des gewonnenen Korks werden für Weinzapfen verwendet, der Rest wird unter anderem zu Schuhsohlen oder Isolationsmaterial verarbeitet.

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Nicht jeder Wein braucht Korkzapfen
Chaillot Bouchons bezieht ihre Weinkorken durch ihre eigene Tochterfirma Swiss Porto Kork direkt aus den Korcheichenwäldern Portugals. Die Weinkorken kommen als ausgestanzte Rohlinge in die Schweiz nach St-Prex. Hier werden die Korken, die es in verschiedenen Qualitätstufen gibt, selektioniert. «Je weniger Poren ein Korken aufweist und je schwerer er ist, desto besser ist die Qualität. Solche Korken eigenen sich für Weine, die lange lagern müssen», erklärt Vanessa Druz, die heute Chaillot Bouchons leitet.

Die in Portugal bereits auf TCA getesteten Korken werden in St-Prex ein zweites Mal darauf untersucht: Sind die Laborwerte in Ordnung, werden die Korken veredelt. Die Weinkorken werden nach dem Vorsortieren gewaschen und mit einem Gemisch aus Silikon-Paraffin behandelt. Die Firma produziert jährlich 50 Millionen Korken. «Für einen Wein, der nicht mehr als 20 Franken kostet, finde ich den Drehverschluss passend», sagt Michael Hänzi, «kostet der Wein mehr, empfehle ich einen Diam-Zapfen.»