Erst im ersten Jahrtausend vor Christus erwarb das Pestbakterium die Eigenschaft, Flöhe als Zwischenwirt zu nutzen und Pandemien der gefürchteten Beulenpest auszulösen. Dies berichtet ein internationales Forscherteam um Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen im Fachblatt «Cell».

Die Pest wird durch das Bakterium Yersinia pestis ausgelöst. Flöhe übertragen die Erreger von infizierten Tieren wie Ratten auf den Menschen. Auf diesem Weg wird die am weitesten verbreitete Beulenpest hervorgerufen. Bei der Lungenpest gelangen die Erreger zumeist von einem zum anderen Menschen.

Die Forscher suchten zunächst in den Zähnen aus der Bronzezeit, die von 101 verschiedenen Menschen stammen, nach genetischen Spuren des Pestbakteriums. In sieben Individuen, die zwischen 2794 und 951 vor Christus gelebt hatten, wurden sie fündig. Die erste historisch belegte Pestepidemie ist die Justinianische Pest, die im Jahr 541 nach Christus in Ägypten begann. Die Wissenschafter untersuchten anschliessend 55 Gene genauer, die für die krankmachenden Eigenschaften des Bakteriums von besonderer Bedeutung sind. So konnten sie die Entwicklung des Bakteriums nachverfolgen.

Vom harmlosen Bakterium zum tödlichen Keim
Dabei zeigte sich, dass dem frühen Pest-Erreger ein bestimmtes Gen, das ymt-Gen, fehlte. Das Gen schützt das Bakterium im Darm von Flöhen. Die Forscher nehmen deshalb an, dass das Pestbakterium in der Frühzeit seiner Entwicklung noch nicht über Flöhe verbreitet wurde.

Erst ab dem Jahr 951 vor Christus ist dieses Gen in den untersuchten Pestbakterien nachzuweisen. Es entstand spät und verbreitete sich dann schnell, folgerten die Forscher. Somit seien erst die späteren Erreger in der Lage gewesen, die über Flöhe verbreitete Beulenpest hervorzurufen.

Darüber hinaus veränderte sich das Erbgut der Erreger im Laufe der Jahrhunderte so, dass sie das Immunsystem ihrer Wirte immer besser überlisten konnten. Mit Beginn des ersten Jahrtausends vor Christus habe sich der Erreger von einem relativ harmlosen Bakterium zu einem der tödlichsten Keime verwandelt, auf den die Menschheit je getroffen sei, schreiben die Wissenschafter.

Trotz ihrer vergleichsweise geringeren Gefährlichkeit waren die älteren Pest-Erreger nach Ansicht der Wissenschafter möglicherweise für die in Europa und Asien jüngst festgestellten, grossräumigen Bevölkerungsbewegungen in der Bronzezeit mitverantwortlich. Die Menschen könnten vor Pestausbrüchen geflüchtet sein oder Gebiete neu besiedelt haben, in denen die Bevölkerung nach einer Epidemie stark dezimiert war.

«Die Studie ändert unsere Sichtweise darauf, wann und wie die Pest die menschlichen Populationen befallen hat, und eröffnet neue Möglichkeiten, um die Evolution von Erkrankungen zu studieren», sagte Studienleiter Willerslev. Allein im 14. Jahrhundert hat der Schwarze Tod nach WHO-Angaben schätzungsweise 50 Millionen Menschen das Leben gekostet. Auch heuteist die Pest noch nicht besiegt, obwohl sie, rechtzeitig entdeckt, mit Antibiotika behandelt werden kann. 2013 zählte die WHO weltweit 783 Erkrankte, 126 davon starben. Die drei am stärksten betroffenen Länder sind Madagaskar, Kongo und Peru.