Bereits seit den 1950er-Jahren kontrolliert die französisch-schweizerische Organisation «Commission internationale pour la protection des eaux du Léman» (CIPEL) alle zwei Monate den Zustand des Genfersees. Doch 2017 machten sich Forscher der ETH Lausanne und des Wasserforschungsinstitutes Eawag daran, den See eingehender zu untersuchen. Nicht zuletzt, um herauszufinden, wie dieser atmet.

Die jahrzehntelange Überdüngung des Genfersees führte dazu, dass sich grosse Mengen organischen Materials am Gewässergrund angesammelt haben. Dieses wird zwar von organischen Mikroorganismen abgebaut, bloss: Für diesen Vorgang wird viel Sauerstoff benötigt. Obschon die Kläranlagen seit den 1960er-Jahren deutlich verbessert arbeiten und seit 1985 auch ein Phosphatverbot für Waschmittel gilt, verbessert sich die Situation im Westschweizer Gewässer nur langsam.

Laut Damien Bouffard von der Eawag und Robert Schwefel von der ETH Lausanne ist der Genfersee nicht nur das tiefste Gewässer der Schweiz, sondern auch ein höchst spannendes System: «Seine besonders tiefen Stellen können jahrelang von der Atmosphäre isoliert bleiben», sagt Damien Bouffard. Allerdings könnten kalte Wintermonate – wie der vergangene Februar – bewirken, dass sich das Wasser des gesamten Genfersees mischt, wodurch selbst tieferen Lagen sauerstoffreiches Wasser zugeführt wird.


Herausforderung Klimawandel
Das ist von Vorteil, doch: «Die frühere Überdüngung hat das ganze System verändert, vom dominierenden Pflanzenplankton bis hin zum Fischvorkommen. Deshalb ist nicht davon auszugehen, dass der Genfersee rasch wieder zu seinem ursprünglichen Zustand zurückfinden wird», ist Bouffard überzeugt. Obschon eine Reduktion des Nährstoffgehalts konstatiert werden konnte, lasse sich bezüglich der Algenproduktion oder der Sauerstoffarmut noch keine klare Trendwende feststellen.

Vergleicht man die Wasserqualität des Genfersees mit derjenigen von vor zehn Jahren, dann hat sich diese vor allem in Bezug auf die Phosphatkonzentration gebessert. «Doch kürzlich wurden weitere wichtige Themen identifiziert, namentlich Mikroschadstoffe, die aus dem Wassereinzugsgebiet stammen», erklärt ETH-Forscher Robert Schwefel. Doch was droht, wenn im Genfersee nichts gegen den Sauerstoffmangel unternommen wird? «Eine tiefe Sauerstoffkonzentration gefährdet nicht zuletzt viele Fischarten.»

Um gegen den Sauerstoffmangel in Schweizer Seen vorzugehen, sei es aus Sicht des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) zentral, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen, erklärt Bänz Lundsgaard-Hansen, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bafu. Es gelte, die Nährstoffkonzentration in den Seen so nahe wie möglich an die natürlicherweise tiefen Konzentrationen zu bringen. Dies auch, damit die Seen möglichst gegen neue Herausforderungen wie den Klimawandel gerüstet seien. «Schwer belastete Seen wie der Sempachersee werden bis heute künstlich belüftet.» Beim Genfersee werde dies heute allerdings nicht in Betracht gezogen, denn: «Der See ist auf dem Weg der Genesung.»