So ist für SFF-Direktor Ruedi Hadorn Fleisch klar Teil einer ausgewogenen Ernährung. Die Studie verunsichere lediglich die Konsumenten. «Eine ähnliche Diskussion wurde schon vor rund einem Jahr von der eidgenössischen Ernährungskommission erfolglos lanciert», sagte Hadorn am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Auch gebe es diverse andere Studien, die den aufgezeigten Zusammenhang nicht nachweisen konnten. Die Studie hat für Hadorn vor allem einen grossen Schwachpunkt: «Sie belegt den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung nicht, sondern basiert rein auf statistischen Berechnungen.»

Solche Studien seien immer mit Vorsicht zu geniessen, denn Krebs entstehe durch verschiedene Risikofaktoren und es sei schwierig, für eine Meta-Studie einzelne Effekte aus einer Vielzahl von unterschiedlich aufgebauten Studien sauber hinauszukorrigieren. «Es ist verwerflich, ein bestimmtes Lebensmittel einseitig zu verurteilen, ohne dieses umfassend zu beurteilen», sagte Hadorn weiter.

Wurst soll krebserregend sein
Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben Wurst und Schinken als krebserregend eingestuft. Der regelmässige Konsum erhöhe das Risiko für Darmkrebs, teilte die Behörde der Weltgesundheitsorganisation in Lyon mit - und zwar um 18 Prozent je 50 Gramm täglich. Dies erklärte die zur WHO gehörende internationale Krebsforschungsagentur (IARC). Bei rotem Fleisch sei dies «wahrscheinlich» der Fall. Die Ergebnisse würden bisherige Ernährungsempfehlungen stützen, den Fleischkonsum zu beschränken, erklärte IARC-Direktor Christopher Wild. Die Wissenschaftler werteten mehr als 800 Studien zum Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Fleisch und der Entwicklung von Krebs aus.

Hadorn rechnet nicht damit, dass die Schweizerinnen und Schweizer jetzt weniger Cervelat oder Bratwurst kaufen. Die ersten Kommentare in den Onlineforen zur am Montag veröffentlichten Studie würden zeigen, dass die Leute nicht bevormundet werden, sondern für ihren Genuss weiterhin frei wählen wollten. «Alles in allem muss man den gesunden Menschenverstand walten lassen, jeder soll selber entscheiden, wieviel Fleisch er isst.»

Auch Proviande, die Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft, ist der Meinung, dass die WHO-Studie mit Vorsicht zu geniessen ist, wie sie auf Anfrage mitteilte. Die Studie enthalte zu viele Unsicherheiten und es sei wahrscheinlich, dass es sich bei den Resultaten um einen Effekt des ganzen Lebensstils handle, wozu unter anderem Rauchen und Alkohol zählen würden. Die Zukunft gehöre einem Konsum mit Mass, jedoch nicht nur bei den tierischen Produkten, sondern in allen Lebensbereichen.

Schweiz auf zweitletztem Platz
Proviande geht davon aus, dass die verarbeiteten Fleischprodukte auch weiterhin gekauft werden. Es sei auch selten, dass der tägliche Durchschnitt bei über 50 Gramm verarbeitetem Fleisch liege. Europaweit liege die Schweiz beim Pro-Kopf-Konsum auf dem zweitletzten Platz.

Proviande werde weiterhin die positiven Aspekte von Schweizer Fleisch kommunizieren: «Unser Ziel ist nicht, die Konsumenten dazu zu animieren, mehr Fleisch zu essen, sondern wenn Fleisch, dann Schweizer Fleisch.»

52,44 Kilogramm Fleisch haben Schweizerinnen und Schweizer im vergangenen Jahr durchschnittlich verspeist. Das sind 460 Gramm oder 0,9 Prozent mehr als 2013. Schweinefleisch ist nach wie vor am beliebtesten. Einen regelrechten Boom gab es beim Geflügel. Hadorn schätzt den Anteil von verarbeiteten Fleischwaren auf rund 40 bis 45 Prozent des gesamten Fleischkonsums.