Frankreichs sozialistischer Staatschef François Hollande versuchte, die Wogen zu glätten: Die grossen Einzelhandelsketten, aber auch die Schlachthäuser und die verarbeitende Lebensmittelindustrie müssten Anstrengungen unternehmen, um die Erzeuger angemessen zu bezahlen, sagte er bei einem Besuch in Dijon im Burgund. Dies sei «unverzichtbar».

Die Viehbauern werfen den Einkaufszentralen der grossen Lebensmittelketten Preisdumping vor. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums sind 20'000 französische Viehzüchter von der Pleite bedroht. Rinder- und Schweinezüchter sowie Milchproduzenten litten besonders.

Die Zeitung «Le Monde» berichtete, aktuell liege der Kilopreis für Rindfleisch bei 3,70 Euro - die Produktionskosten betrügen nach Angaben der Züchter aber 4,50 Euro.

Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums sind 20'000 französische Viehzüchter von der Pleite bedroht. Rinder- und Schweinezüchter sowie Milchproduzenten litten besonders unter niedrigen Marktpreisen. Die Gründe für die Krise: Der Fleischkonsum in Frankreich sinkt, wichtige Absatzmärkte wie Italien, Griechenland und Russland sind eingebrochen. Zugleich sind die Kosten der Branche höher als in anderen europäischen Ländern.

Nothilfeplan für Züchter
Nach tagelangen Protestaktionen in Nordfrankreich hatte die französische Regierung am Mittwoch einen Nothilfeplan für die Züchter angekündigt, die unter sinkenden Abnahmepreise für Milch und Fleisch leiden. Den Betrieben soll ein Zahlungsaufschub bei Steuern und anderen Abgaben gewährt werden. Ausserdem will die Regierung ihnen einen Teil der Sozialabgaben ganz erlassen. Insgesamt sollen für den Hilfsplan rund 600 Millionen Euro bereitgestellt werden. Premierminister Manuel Valls kündigte zudem an, alle Kantinen in staatlichen Einrichtungen müssten ihr Fleisch künftig direkt bei örtlichen Erzeugern beschaffen.

Dem Präsidenten des grössten französischen Bauernverbandes, FNSEA, Xavier Beulin, gehen diese Massnahmen nicht weit genug. In den kommenden «zwei oder drei Tagen» seien neue Protestaktionen geplant, sagte er dem Privatsender Europe 1. Die «Bedingungen für eine Aufhebung der Blockaden» seien nicht erreicht, erklärte auch der Verband der französischen Viehzüchter (FNB).

Autobahnen blockiert
Die Proteste, die sich zunächst auf Nordfrankreich konzentriert hatten, weiteten sich unterdessen aus. Im Rhônetal blockierten rund 800 Züchter mit 400 Traktoren Autobahnen, die viele Touristen auf ihrem Weg nach Südfrankreich und Spanien nutzen.

Protestierende Viehzüchter kaperten derweil in Ostfrankreich einen deutschen Fleischtransporter. Der Lastwagen mit geschlachteten Rindern aus Bayern sei am Morgen in der Region Franche-Comté "ohne Gewalt" abgefangen worden, teilte FNSEA mit.

Der Kühllastwagen und die für einen grossen französischen Fleischbetrieb bestimmte Ladung sollten zum Landratsamt in der Stadt Montbéliard gebracht und der LKW-Schlüssel dort «symbolisch» abgeben werden.

Gülle vor dem Einkaufszentrum
In dem Städtchen Brive-la-Gaillarde im Zentralmassiv schütteten rund 200 erboste Züchter Gülle vor den Eingang mehrerer Einkaufzentren. Auch in der beliebten Urlauberregion Auvergne waren mehrere Strassen und eine Autobahn von Traktoren blockiert.

In dem nordfranzösischen Ort Outreau hatten Bauern bereits am Vorabend vor einen grossen Supermarkt Mist geschüttet. Ähnliche Aktionen gab es im Pyrenäen-Städtchen Tarbes im Süden des Landes.

Auch die Zufahrt zu dem weltberühmten Klosterberg Mont-Saint-Michel am Atlantik wurde erneut blockiert. Beide Zufahrtsstrassen zu dem als Weltkulturerbe eingestuften Kloster, das zu den meistbesuchten Tourismusmagneten Frankreichs gehört, seien gesperrt, teilten die Behörden mit.

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