Aus Grossbritannien ist nach Angaben des britischen Landwirtschaftsministers David Heath Pferdefleisch nach Frankreich exportiert worden, das mit Medikamenten belastet war. Spuren des vermutlich für den Menschen gefährlichen Anti-Schmerzmittels Phenylbutazon sei in Proben von insgesamt acht in Grossbritannien geschlachteten Pferden gefunden worden, sagte Heath heute Donnerstag. Drei dieser Tiere seien nach Frankreich geliefert worden und könnten dort in die Nahrungsmittelkette gelangt sein.

Insgesamt seien 206 Pferdekadaver getestet worden. Die Lebensmittelaufsicht arbeite mit den französischen Behörden zusammen, um das Fleisch aus der Nahrungskette zurückzuhalten. Tests auf Phenylbutazon in Frankreich seien bislang negativ ausgefallen.

Medikament mit Nebenwirkungen

Das Medikament Phenylbutazon wird häufig bei Pferden eingesetzt. Tiere, die damit behandelt wurden, dürfen allerdings nicht zu Lebensmitteln verarbeitetwerden. Bei Menschen wird die Substanz nach Angaben von Konsumentenschützern vereinzelt im Kampf gegen Rheuma eingesetzt. Nebenwirkungen können – auch bei kurzzeitiger Anwendung – Blutungen in Magen und Darm sein. Nähere Erkenntnisse über die Gefahren für den Menschen liegen aber nicht vor.

Die EU-Kommission schlägt derweil vor, dass die EU-Mitgliedstaaten zusätzliche DNA-Tests durchführen, wie EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg am Mittwoch nach einem Treffen mit den zuständigen Ministern in Brüssel sagte. Die EU-Regierungen sollen am Freitag über die Vorschläge abstimmen, Mitte April soll es erste Ergebnisse geben.

Der Skandal war aufgeflogen, nachdem in Grossbritannien und Irland vor rund einem Monat Spuren von Pferdefleisch in Hamburgern nachgewiesen wurden. Vergangene Woche weitete sich der Skandal auf die ganze EU aus – Tests wiesen nach, dass das Fleisch in manchen Rindfleisch-Lasagnen zu 100 Prozent von Pferden stammte.

Coop-Kunden können Lasagne zurückgeben
Inzwischen wurde auch in der Schweiz ein falsch deklariertes Fleischprodukt entdeckt: Die «Lasagne verdi alla bolognese» des Coop-Labels «Qualité & Prix» enthält Pferdefleisch. Um wie grosse Anteile es sich handelt, ist noch unklar. Es handle sich jedoch «nicht nur um Spuren», wie Coop-Sprecherin Denise Stadler gegenüber tagesanzeiger.ch/newsnetz sagte. Coop hatte dieses Produkt bereits Anfang Woche zurückgezogen. Die Kunden können die betroffene Lasagne in jedem Coop-Supermarkt zurückgeben, der Preis wird zurückerstattet.

Das Fleisch für das betroffene Produkt stammte von der französischen Firma Comigel, die beim Pferdefleisch-Lieferanten Spanghero einkaufte. Wie Coop mitteilte, untersuchen die EU-Behörden die genaue Herkunft des Pferdefleisches. Das Ausmass des Skandals für die Schweiz ist noch unklar. Derzeit führen laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) mehrere kantonale Labors zusätzliche Kontrollen durch. «Die Ergebnisse erwarten wir Ende Woche», sagte BAG-Sprecherin Sabine Helfer auf Anfrage.

Noch am Dienstag hatte das BAG mitgeteilt, die Schweiz sei nach aktuellem Wissensstand nicht vom Pferdefleischskandal betroffen. Die Schweizer Behörden würden von der EU aktiv informiert, falls problematische Lieferungen in der Schweiz auf den Markt gelangt wären.

Schweizer Findus-Lasagne nicht betroffen
In Grossbritannien war Pferdefleisch in Fertiglasagne von Findus aufgetaucht. Nestlé schaltete am Mittwoch in diversen Zeitungen Inserate, in denen sich das Unternehmen von den Vorkommnissen distanziert. «Findus Schweiz gehört zur Nestlé-Gruppe und hat keinerlei Verbindungen zu Findus Grossbritannien oder Findus in anderen Ländern», heisst es darin. Nestlé Schweiz produziere in der Schweiz und verwende für Findus-Lasagne zu 100 Prozent Schweizer Rindfleisch.