Auf der Wiese tummelt sich eine bunt gemischte Truppe an bärtigen Geschöpfen von weiss über schwarz bis rostrot. Am Zaun taxiert der «ausserirdische» Alf mit festem Blick und verwegener Frisur den Besuch. Tatsächlich gehört das Tier zu den seltenen Kupferhalsziegen. Andere meckernde Kolleginnen kommen näher. Gibt’s hier was zu fressen? Der Ziegen-Schauhof «Kachelhüsi» auf der Moosegg im Emmental liegt auf 900 Metern. Steilhänge hat es genug, aber auch eine Aussicht zum Niederknien mit malerisch grünen Hügeln, in der Ferne überragt von Eiger, Mönch und Jungfrau.

«Vor vier Jahren haben wir überlegt, wo wir im Leben stehen», sagt René Späni. «Beruflich waren wir unzufrieden, gewohnt haben wir auch nicht berauschend.» Der Mittvierziger hatte einst eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert und auch schon Ziegen gehalten. Er brauchte keine grosse Überredungskunst, um seine Partnerin von der Idee eines Geissenhofs zu überzeugen. Rita Späni doppelt nach: «Ich habe schon als Kind von einem Hof geträumt. Und Ziegen sind für mich spannender als Fernsehen.» Zunächst suchte das Paar im Heimatkanton Schwyz. Ohne Erfolg. Dort werden zwar Höfe verkauft, meist aber ohne zugehöriges Land. «So entschlossen wir uns vor drei Jahren, in der ‹Tierwelt› ein Inserat aufzugeben.» Eine relativ allgemeine Annonce. «Nun suchten wir in der ganzen Schweiz ein Objekt, egal ob Hanglage oder renovationsbedürftig», erinnert sich die gelernte Floristin. 

Von Schwarzhals über Stiefelgeiss bis Nera Verzasca und Grüenochti
Postwendend traf ein Angebot aus dem Emmental ein: «Das war ein Volltreffer!» Spänis Vision vom Ziegenhalten und -züchten bekam Konturen. Sie wollten einen Hof mit allen Schweizer Rassen aufbauen. «In diesem Sinne bin ich Nationalist», lacht René Späni und wird dann ernst: «Denn jede exotische Zucht verdrängt in der Schweiz tendenziell eine heimische Rasse.» Das dürfe nicht sein: «Unsere Ziegen meckern alle Mundart!» 

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Eine bunte Ziegenmischung. Bild: Christina Burghagen

Inzwischen wohnt eine erlesene Gesellschaft hier: Walliser Schwarzhals, Bündner Strahlen, Stiefelgeissen, Toggenburger, Saanen, Appenzeller, Gämsfarbige Gebirgsziegen, Nera Verzasca, Pfauen, Grüenochti und Capra Sempione. Als Zuchtbetrieb ist das Kachelhüsi zudem von der Stiftung «ProSpecieRara» anerkannt für Capra Grigia, Kupferhalsziegen und Stiefelgeissen und besitzt das Gütesiegel dieser gemeinnützigen Organisation, die sich für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren einsetzt.

Rita und René Späni betreiben ihr Geissenparadies auch als Ort zum Schauen und Erholen. Besucher sind im Kachelhüsi erwünscht – aber nur gegen Voranmeldung. Selbst zwei Doppelzimmer für Feriengäste und jede Menge Platz für Camper (einachsige Wohnwagen) stehen bereit. Für ihre Zukunft hegen Spänis weitere Pläne. «Wir haben noch Platz für Wollschweine und Rätisches Grauvieh. Auch Appenzeller und Spitzhaubenhühner würde ich gerne halten», sagt Rita Späni. 

Schaffenskraft und Zuversicht sind ungebrochen, auch wenn der Winter unerfreulich war. Etliche neue Tiere starben an Infektionskrankheiten: «Wir bezahlten Tausende von Franken an den Tierarzt, der letztlich auch keinen Rat wusste.» Das Ehepaar vermutet, dass die Tiere diverse Erreger aus den unterschiedlichen Ställen eingeschleppt haben. «Es gibt keine Erfahrungswerte für solch eine vielfältige Ziegenmischung», erklärt der Ziegenbauer nachdenklich. 

Der Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer empfiehlt etwa, nicht alle Rassen am gleichen Ort zu halten. Aber das schreckt die Ziegenpioniere nicht: «Unser Hof lässt sich halt bisher nicht vergleichen!» Unterdessen hüpft und springt die bunte Schar putzmunter über die Weide – zuversichtlich bimmeln dazu viele helle Glöckchen.

Wer das Kachelhüsi besuchen möchte, meldet sich per Mail an rensp@bluewin.ch

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Verlosung

Gefährdete Ziegen aus Holz

Die vielen Ziegenrassen von Rita und René Späni sind eine Augenweide. Seit Neuestem gibt es diese Vielfalt auch fürs Kinderzimmer: Die Stiftung «ProSpecieRara» hat in Zusammenarbeit mit dem Holzspielzeug-Hersteller «Trauffer Holzspielwaren» eine Holzziegenserie hergestellt; alle von «ProSpecieRara» betreuten, gefährdeten Schweizer Rassen: Walliser Schwarzhalsziege, Appenzellerziege, Pfauenziege, Capra Grigia, Bündner Strahlenziege, Kupferhalsziege, Stiefelgeiss und Nera Verzasca. Erhältlich über: www.prospecierara.ch/de/news/holzziegen

Die «Tierwelt» verlost 4 × 4 Holzgeissen. Schicken Sie bis am Sonntag, 20. Oktober eine E-Mail mit dem Betreff «Holzziegen» sowie Ihrer vollständigen Adresse an web@tierwelt.ch und gewinnen Sie mit etwas Glück ein Holzgeissen-Set. Viel Glück!