Das Team um Roger Stephan von der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich hat 571 Schlachtrinder getestet und bei 48 davon sogenannte ESBL-produzierende Bakterien gefunden. Dies sind Darmbakterien, die ein Erbgutschnipsel namens ESBL besitzen. Es produziert ein Enzym, das Antibiotika wie Penizillin und Cephalosporine zerstört.

Riesenproblem für die Humanmedizin
ESBL-produzierende Bakterien sind nicht nur selbst resistent gegen diese Medikamente, sondern können das Erbgutschnipsel auch an andere Bakterien übertragen. Sie würden deshalb in der Human- und Tiermedizin ein gewaltiges Problem darstellen, sagte Stephan auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Etwa zwei Drittel der Humantherapien würden auf dieser Klasse Antibiotika basieren.

Ursprünglich waren ESBL-produzierende Bakterien lediglich Spitalkeime. Inzwischen sind sie auch in gesunden Menschen und Nutztieren weit verbreitet. Die Sorge wächst, dass ESBL-produzierende Kolibakterien im Nutzvieh herangezüchtet und über Milch und Fleisch auf den Menschen übertragen werden könnten. Die aktuelle Studie deutet laut den Forschern darauf hin, dass es im Schweizer Rindvieh bereits ein solches Reservoir gibt.

Die Keime sind bereits in Flüssen und Seen zu finden
Ihre Proben stammen aus den fünf grössten Schlachthäusern der Schweiz und sind somit repräsentativ für die ganze Schweiz. Bei anderen Tierarten schaut es noch schlimmer aus. In einer nicht repräsentativen Studie vom letzten Jahr fanden Stephan und Kollegen ESBL-produzierende Bakterien im Kot von 15 Prozent der Schweine, 13 Prozent der Rinder, 8 Prozent der Schafe und sogar 63 Prozent der Hühner. Zudem fanden sie solche Keime in 21 von 58 Schweizer Flüssen und Seen.

«Die weite Verbreitung dieses Resistenzmechanismus in Tieren, in Menschen und in der Umwelt ist alarmierend», sagte Stephan. Immerhin waren Milch sowie Rinds- und Schweinshackfleisch frei von diesen Bakterien – laut den Forschern wohl dank der hohen Hygienestandards in Schweizer Schlachthöfen.

Antibiotika gegen Euterentzündungen im Verdacht
Für den Menschen ist die Gefahr der ESBL-produzierenden Bakterien indirekt. Zwar könnten sie über rohe tierische Lebensmittel zum Menschen gelangen, aber weil sie durch Erhitzen zerstört werden, seien direkte Krankheitsausbrücheunwahrscheinlich, sagte Stephan. Es könne aber vorkommen, dass ein solches E.-coli-Bakterium eine Harnwegsinfektion auslöse, die dann mit Antibiotika schwierig zu therapieren sei. Die Hauptgefahr sei jedoch, dass die Keime die Resistenz über das Erbgut zum Beispiel im Darm an andere, gefährliche Erreger übertragen könnten.

In der jüngsten Studie haben die Forscher weiter untersucht, welche Faktoren das Vorkommen dieser Keime begünstigen. Es zeigte sich, dass vor allem sehr junge Rinder und solche, die aus Milchbetrieben stammten, diese trugen. Als Grund vermuten die Forscher den häufigen Einsatz der modernen Antibiotika in Milchbetrieben gegen Euterentzündungen. Dazu komme, dass Kälber häufig mit der Milch gefüttert würden, die wegen des Antibiotikaeinsatzes unverkäuflich ist. Die Autoren plädieren für einen vorsichtigen Umgang mit diesen Antibiotika in der Milchwirtschaft.

Die Studie wurde im Fachjournal PLOS One publiziert.