Wie so oft in der Geschichte der Technik und der Industrialisierung gab es Erfindungen, die Arbeitsplätze oder gar ganze Metiers überflüssig machten. Eine solche Entwicklung war die Eisenbahn, die sich im 19. Jahrhundert durchsetzte. Mit jedem neuen Schienenkilometer und jeder weiteren Strecke liessen sich mehr Waren transportieren – über die Alpen, oder dank des Baus von Tunneln zunehmend auch unter ihnen durch.

Die Folgen bekamen die Säumer zu spüren. Über Jahrhunderte hatten sie dafür gesorgt, dass Transitgüter den Weg über die Berge zu uns fanden. Ein harter Job, den nur ausführen konnte, wer im Besitz von mindestens einem Pferd oder Maultier war. Und nicht nur das: Eine Investition in Sattel und Saumzeug sowie in Seile und Flaschen waren Voraussetzung, um gewerbsmässig Waren zu transportieren.

Wo sich ein Wirtschaftszweig auftut, sind Organisationen und Strukturen mitunter nicht weit, die von ihnen profitieren wollen. Im frühen Transport-Gewerbe war das nicht anders. Hier bildeten sich Interessensgemeinschaften: Genossenschaften, Porten genannt, regelten den Warenverkehr auf den Hauptrouten. Für die Säumer war das mit Vorteilen verbunden. Wer das Glück hatte, in einem lukrativen Gebiet zu arbeiten, profitierte der Monopolstellung der jeweiligen IG bei den Warentransporten. Wer das Monopol hat, besitzt Macht über die Tarifgestaltung, wovon die jeweiligen Zusammenschlüsse Gebrauch machten.  

Ein Instrument gegen den Machtmissbrauch
Es gibt unzählige Beispiele aus der Wirtschaft, wie Organisationen und Firmen ihre Marktmacht ausnützen und anderen den Markteintritt zumindest erschweren. Die Säumer der Schweiz tickten hingegen anders. Niemand sollte zu kurz kommen. Daher gab es bei den Monopolen eine Rotation, die einem festen Plan folgte. Dass sich die Porten in der Überwachung und Bearbeitung der Gebiete auch tatsächlich nach dem vorgegebenen Schema abwechselten, wurde ein Sustmeister eingesetzt, eine Art übergeordnete Instanz. 

Unter diesen Vorgaben war es möglich, Waren selbst von weit her zu transportieren. Diese Arbeit übernahmen sogenannte Straks-Säumer. Mitunter kamen sie aus Italien und zogen durch Schweiz, weiter nach Deutschland. Diese Dienstleister waren internationale Transporteure, die sich von den lokal tätigen Feinverteilern aufgrund ihrer grossen Reisen unterschieden. 

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Riesige Verantwortung
Ob länderübergreifend oder nur in der Region: Verzehrend war die Arbeit allemal. Denn einerseits hatten Säumer Verantwortung für ihre Tiere, für die ihnen anvertrauten Waren und dafür, dass diese zur richtigen Zeit am richtigen Ort ankamen. Bei Verspätungen drohten hohe Strafen, wie wir sie auch heute etwa im Fern-Transportverkehr kennen. Selbstredend, dass ein Säumer jederzeit einsatzbereit sein musste, bei jedem Wetter und auch, wenn die Wege in miserablem Zustand waren. Nur so liessen sich die eng gesetzten Transportfristen einhalten.   

Vom letzten Säumer der Schweiz ist ein Bild erhalten. Er hiess Josua Zinsli war bis etwa 1880 auf der Route über den Glaspass im Kanton Graubünden im Einsatz: ein stämmiger Mann mit einem weissen Bart, der auf dem Foto im Rätischen Museum mit seinem Pferd posiert.