Sie tapsen über das Klavier, arbeiten am Computer oder dösen vor sich hin. Katzen sind im Internet ein wahrer Hype und müssen meistens gar nicht viel dafür tun, sondern einfach süss oder grimmig aus der Wäsche gucken. In puncto Grimmigkeit steht die berühmte Grumpy Cat an der Spitze der vierbeinigen Cyber-Stars. Allein auf Facebook gefällt die Katze aus Arizona (US) mehr als 1,2 Millionen Nutzern und neben T-Shirts, Schlüsselanhängern und anderen Produkten mit ihrem Konterfei soll es bald einen Film mit ihr geben. Das Buch ist bereits auf dem Markt. 

Nicht ganz so erfolgreich, aber dennoch bekannt sind die Faltohrkatze Famous Niki, die mit der Pfote im Schritt so lässig dasitzt wie Zeichentrick-Held Homer Simpson vor dem Fernseher oder die kleinwüchsige Lil Bub mit ihren Kulleraugen und der heraushängenden Zunge. Allen gemein ist die eigene Seite bei Facebook, Twitter oder einem anderen sozialen Netzwerk. Doch warum schauen sich Millionen von Menschen solche Videos an, leiten die Fotos weiter und kommentieren die Bilder?

Werden Katzen durch das Internet geschickt, spricht man von Lolcats
«Der Durst der Verbraucher nach immer neuen Helden und Lachern ist gross», sagt die Kommunikationswissenschaftlerin Eveline Hipeli von der Pädagogischen Hochschule Zürich (phzh). Daher sei der Trend zu einer wahren Kultur geworden, zur sogenannten Meme-Kultur. «Ein Meme ist die kreative Art, aus einem einfachen Bild mithilfe einer oder zweier Zeilen ein aussagekräftiges Werk zu machen. Meist ist das etwas Nachdenkliches oder Lustiges, oft hat es auch inhaltlich nur noch wenig mit dem Bild zu tun», erklärt Hipeli. Den Dargestellten wird also ein Kommentar in den Mund gelegt.

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 «Grumpy Cat» ist immer mürrisch.
Quelle: Pinterest 

Doch nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form ist entscheidend. Die Sprüche prangen in der Regel mit grossen weissen Buchstaben in der Schrift «Impact» auf dem Bild (wie beim Beispielbild rechts) und haben eine kindliche und grammatikalisch oft fehlerhafte Sprache. Zahlreiche Meme-Generatoren stehen im Web zur Verfügung. Damit kann man entweder eigene Fotos oder Bilder aus dem Online-Repertoire mit einem Spruch versehen. Das fertige Werk lässt sich dann mit einem Klick posten.   

Drehen sich die Memes um Katzen, haben sie einen ganz spezifischen Namen. Wie fast alles im Netz einen englischen, nämlich Lolcat. Wobei «lol» für «lautes Lachen» und «cat» für Katze steht. So ziert etwa Grumpy Cat unzählige Fotos mit Sprüchen wie «Einmal hatte ich Spass … Es war schrecklich» oder «Bist du glücklich und du weisst es, fahr zur Hölle.» 

Lolcats tauchten erstmals im Jahre 2006 auf. In dem Forum «4chan» entwickelte sich der sogenannte Caturday: Katzenbilder durften nur samstags (englisch: Saturday) gepostet werden. Ein Jahr später lancierte der Hawaiianer Erik Nakagawa den Lolcat-Blog «Icanhascheezburger.com», die lustige Tierbilder zeigt, und landete damit einen Voll­treffer. Die Seite wurde zeitweise bis zu über eine Million Mal pro Tag angeklickt. Der Südkoreaner Ben Huh kaufte ihm die Seite für 2,25 Millionen US-Dollar ab und vermarktete sie erfolgreich mit anderen Meme-Seiten.

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Trend wurde zur Einnahmequelle
Doch oft geistern die Stubentiger auch ohne jeglichen Spruch durch die digitale Datenautobahn, sitzen einfach nur da oder sind verkleidet. Seit 2012 gibt es in den Staaten sogar das «Internet Cat Video Film Festival». Alleine in diesem Jahr pilgerten über 13 000 Fans dafür nach Minneapolis und kürten Grumpy Cat zum Sieger. Aus über 7000 Nominierungen ging die grimmige Katze mit dem begehrten «Golden Kitty Award» nach Hause. Und nicht nur das: Seit ein paar Monaten kennt man auch das intimste Innenleben der Stubentiger – zumindest eine menschliche Interpretation davon. Der amerikanische Humorist Ze Frank leiht im Videotagebuch «Sad Cat Diary» (Video links) traurig dreinblickenden Katzen seine Stimme, während im Hintergrund melancholische Klänge für die passende Stimmung sorgen. Sie klagen über ihr nur halb volles Futterschälchen oder über ihr Frauchen, das sie tatsächlich mit nur einer Hand streichelt. Fünf Millionen mal wurde das Video auf Youtube bisher angeklickt. 

Daher ist der Trend nicht nur für Unternehmer wie Ben Huh, sondern auch für «Otto Normalverbraucher» zu einer guten Einnahmequelle geworden. Offiziell wird zwar nicht über Geld gesprochen, es heisst aber, dass 500 Aufrufe bei Youtube einen Dollar bringen würden. Da läppert sich einiges zusammen. Viele der vierbeinigen Stars haben daher längst ihre eigenen Manager, die dafür sorgen, dass sie permanent online sind. Für alle, die auf diesen rentablen Zug aufspringen wollen, gibt es extra Seminare darüber, wie man eine Katze richtig in Szene setzt und fotografiert.

Memes sind themenübergreifend sehr beliebt, aber Büsis sind der Dauerbrenner – ob auf Fotos oder in Videos, ob mit oder ohne Spruch. Häufig ist sogar von der Katze als dem Maskottchen des Internets die Rede. Doch warum eigentlich? Eveline Hipeli meint, weil Katzen einfach beliebt seien. Die Statistik gibt ihr recht. Rund 1,35 Millionen Stubentiger leben in Schweizer Haushalten. Die benachbarten Deutschen nennen sogar 12,3 Millionen Katzen ihr Haustier. 

In Zeiten des Social Networking wie Facebook & Co. war es wohl nur eine Frage der Zeit: Mit mymiau.de gibt es seit Kurzem das erste soziale Netzwerk nur für Katzen beziehungsweise für Katzenfreunde. Anders als in vielen Haustierforen legt man sein Profil hier im Namen seiner Katze an. Man schlüpft in ihre Rolle und schaut sich als Kater Garfield lustige Bilder an oder tauscht sich als Katze Lotte mit Freunden aus. 

Katzen verzaubern mit «Jöö-Effekt»
Damit ist die Mieze dem Hund als zweitliebstem Haustier wieder eine Nasenlänge voraus. Auf der Suche nach dem Grund sprechen viele Experten auch vom Effekt der Neotenie (Verjugendlichung, Beibehaltung von Jugendmerkmalen). Frank Schwab von der Universität Würzburg (D) sagt. «Wir finden Katzen einfach süss. Das liegt in unserer Spezies.» Damit meint der Medienpsychologe, dass die Samtpfoten häufig die äusserlichen Kriterien haben, die uns Menschen ansprechen. Ein rundes Gesicht, grosse Augen, das Kindchenschema eben. Es weckt in uns den Beschützerinstinkt und hat den gewissen «Jöö-Effekt».

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