Vor 40'000 Jahren war die Welt eine andere. Europa befand sich mitten in der letzten Eiszeit und es tummelten sich Tiere wie Mammuts, Wollhaarnashörner oder Säbelzahnkatzen auf dem Kontinent. Aber auch eine Handvoll millimetergrosser Fadenwürmer fand ihren Weg in den sibirischen Untergrund, fror im Permafrost ein – und lebt heute immer noch!

Dies verkündeten russische Forscher Mitte Juli im Fachmagazin «Doklady Biological Sciences». Aus dem Permafrost der Arktis sei schon so einiges aufgetaut worden, schreibt das Wissenschaftler-Team. Dazu gehören Bakterien, Amöben, einzellige Grünalgen oder Hefen. Mit den Nematoden, wie der Stamm der Fadenwürmer in der Fachsprache genannt wird, seien nun zum ersten Mal mehrzellige Lebewesen lebend aus dem Permafrost geborgen worden.

Würmer bewegen sich und fressen
Über 300 Permafrost-Proben seien für die Studie analysiert worden. In zwei fanden die Forscher lebensfähige Nematoden. Beide Proben stammen aus dem Tiefland um den Fluss Kolyma im Nordosten Sibiriens. Ihr Alter wurde mit der Radiokarbonmethode auf 32'000 und 41'700 Jahre geschätzt. Ins Leben zurück geholt wurden die Nematoden im Labor: Stücke des Permafrosts wurden über mehrere Wochen bei 20 Grad gehalten. Bis die Würmer – alles Weibchen – schliesslich anfingen, sich zu bewegen und Nahrung zu sich zu nehmen.

Wie die Wissenschaftler schliesslich herausfanden, sind die Nematoden eng verwandt mit den heute lebenden Arten Panagrolaimus detritophagus und Plectus parvus. Von diesen ist bekannt, dass sie eine hohe Resistenz gegenüber Austrocknen und Einfrieren aufweisen. Der bisherige Einfrier-Rekord von Nematoden im Labor ist 39 Jahre.

«Unsere Daten zeigen, dass auch mehrzellige Organismen die Fähigkeit haben, zehntausende Jahre in natürlicher Kryokonservierung zu überleben», heisst es in der Studie. Wie die Nematoden das schaffen, ist allerdings noch unbekannt. Die Mechanismen hätten aber grosses Potential in anderen Bereichen der Forschung, zum Beispiel der Kryomedizin, glauben die Forscher.