Der Bundesrat will Bienen besser schützen. Bis 2016 soll ein Aktionsplan ausgearbeitet werden. Damit sollen die Gefahren durch Pflanzenschutzmittel reduziert und die Gesundheit von Bienen gefördert werden. Wie wichtig rasches Handeln ist, zeigt eine Bienenvergiftung im Emmental. Ende April entdeckten die Imker in der Region Zäziwil BE halbseitig gelähmte oder flugunfähige Bienen, die wie betrunken wirkten. Später stellte sich heraus, dass von diesem Phänomen 172 Bienenvölker von 23 Bienenständen betroffen waren. Imker Walter Leuenberger geht von über einer Million toter Bienen aus.

Bienen-, Pollen, Futter- und Pflanzenproben wurden in der Folge zur Analyse ins Labor geschickt. Bei Obstproduzenten wurden die Spritz-Journale eingesehen, in denen aufgeführt wird, welche Pflanzenschutzmittel wann und wo eingesetzt wurden.

Verantwortlicher Stoff nicht gefunden
An einem Informationsabend am Dienstag in Zäziwil informierte der Bienengesundheitsdienst über erste Laborergebnisse. Die Analyseergebnisse brachten noch keine Klarheit: Es sei «kein Stoff eindeutig für das Bienensterben verantwortlich». Leuenberger, der in den vergangenen vier Wochen fast täglich in der Angelegenheit unterwegs war, ist enttäuscht. Der Imker hatte «auf einen Fund gehofft, der uns weiterbringt», wie er auf Anfrage sagte. Doch die Resultate seien nicht eindeutig. Er wartet nun auf vertiefte Analysen. «Ich gebe nicht auf. Ich will herausfinden, was es war und wer es gemacht hat.» Die Imker der Region haben am 29. April eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet.

Bienengefährliches Insektizid gefunden
Gemäss Präsentation des Bienengesundheitsdienstes suchen die Labors derzeit noch nach biologischen Pflanzenschutzmitteln wie Seife oder Paraffin – aber auch nach Abbauprodukten von Imidacloprid in den Bienen sowie nach unerlaubten Wirkstoffen. Doch die Suche erweist sich als schwierig.

Greenpeace nennt das Insektizid Imidacloprid in einem am Mittwoch veröffentlichten Kommentar «extrem bienengefährlich». Forscher haben an einzelnen Bienen nachweisen können, dass das Insektizid das Nervensystem von Bienen beeinträchtigen kann; sie verlieren die Orientierung. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde macht dieses und andere Pestizide für das grassierende Bienensterben verantwortlich.

Der Stoff darf seit dem 1. Dezember 2013 in der EU für die Dauer von zwei Jahren nicht mehr für den Anbau von Mais, Sonnenblumen, Raps und Baumwolle verwendet werden. In der Schweiz gilt das Verbot für Raps- und Maissaatgut. Im Emmental wurde das Insektizid gemäss Präsentation des Bienengesundheitsdienstes dennoch im eingesammelten Pflanzenmaterial gefunden.

Hilfe für die Bienen aus dem Bundeshaus
In den Augen von Greenpeace genügt der am Mittwoch vom Bundesrat angekündigte Aktionsplan per 2016 nicht. Die Umweltschutzorganisation fordert vom Bundesrat ein «Sofortverbot für besonders bienenschädliche Pestizide». Schweizer Bienen dürften nicht zu Opfern von langwierigen administrativen Prozessen werden. Der Bundesrat sprach sich am Mittwoch zum Schutz der Bienen für einen Aktionsplan aus, um Risiken von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und deren nachhaltige Anwendung zu fördern. Dies teilte das Eidg. Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) mit. Zum Schutz der Bienen schlägt er Massnahmen wie etwa ein erhöhtes Nahrungsangebot im Sommer vor.

Die Massnahmen sind das Fazit aus zwei Berichten, die der Bundesrat im Auftrag des Parlaments erstellt hat. Der Aktionsplan soll bis 2016 erstellt werden und die bestehenden Anstrengungen verstärken und besser koordinieren helfen.

Gemischte Reaktionen
Greenpeace, Pro Natura, SVS/BirdLife und WWF begrüssen den Plan und fordern in einer gemeinsamen Mitteilung «griffige Massnahmen» und messbare Reduktionsziele im Aktionsplan. Zudem solle der Bund für Kostenwahrheit sorgen und die Entwicklung von Alternativen zu chemischen Pestiziden unterstützen.

Auch scienceindustries, der Wirtschaftsverband Chemie Pharma Biotech, «unterstützt Massnahmen für den sicheren und nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln», wie er am Mittwoch mitteilte. Die Industrie möchte bei der Ausarbeitung des Aktionsplans aber stärker miteinbezogen werden. Pflanzenschutzmittel trügen zu einer produktiven, nachhaltigen Landwirtschaft bei und damit zur Versorgung mit lokal produzierten Lebensmitteln.

Schnelle Massnahmen für die Bienen
Der Bericht zur Bienengesundheit, welcher der Bundesrat am Mittwoch ebenfalls vorlegte, bildet den aktuellen Stand der Vorschriften ab, aber auch den Stand der Forschung und der Kontrollarbeiten. Mit Hilfe einer Expertengruppe hat der Bundesrat einen erweiterten Massnahmenplan ausgearbeitet. Ein Teil davon – etwa Einschränkungen bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, oder die Erhöhung des Nahrungsangebots für Bienen im Sommer – können laut Bundesrat «schnell umgesetzt werden». Andere, wie zum Beispiel die obligatorische Bekämpfung der Varroa-Milbe, brauchten eine vertiefte Analyse. Diese soll bis 2016 abgeschlossen sein.

Im Emmental sterben nach wie vor Bienen. Seit ungefähr 10 Tagen nicht mehr wegen der Vergiftung: Zum Teil müssten Völker oder Teile davon vernichtet werden, weil es zu wenig Bienen habe, um die Brut zu pflegen, erklärt Leuenberger. «Die meisten betroffenen Völker werden sich nicht mehr erholen. Es fehlen ein bis zwei Generationen.» Einzig das Wetter könne den Bienen etwas helfen.