Grönlandhaie hausen tief in den eisigen Gewässern der Arktis. Was man bisher über sie wusste, ergab sich vor allem aus historischen Belegen – bis 1960 wurden die Tiere wegen des Öls in ihrer Leber gefangen. Heute enden sie noch gelegentlich als Beifang in den Netzen. Für manche Studien fischten Wissenschaftler auch Haie aus dem Wasser, töteten und untersuchten sie.    

Diese teils fragwürdigen Methoden brachten schon Erstaunliches zu Tage, trotzdem ist vieles noch unbekannt. So wachsen Grönlandhaie extrem langsam und werden extrem alt. Sie können über sechs Meter lang werden und wachsen weniger als einen Zentimeter pro Jahr. Im jugendlichen Alter von ungefähr 134 Jahren, wenn sie eine Länge von viereinhalb Metern erreicht haben, fangen Weibchen an, sich fortzupflanzen. Danach leben sie noch, so schätzten dänische Forscher 2016, 170 bis 370 Jahre länger. Das macht sie zum langlebigsten Wirbeltier der Welt.    

In ihren Heimatgewässern gehören Grönlandhaie zu den Spitzenprädatoren – sie gönnen sich gerne auch mal eine Robbe. Das sollte eigentlich bei einem Hai nicht weiter erstaunlich sein, ist es aber doch. Denn Grönlandhaie sehen fast nichts, da in ihren Augen oft parasitäre Ruderfusskrebse hausen. Ausserdem sind sie verglichen mit anderen Fischen ihrer Grösse ausserordentlich langsam: Ihre Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt lediglich 1,2 Kilometer pro Stunde. Dies wurde 2011 in einer der wenigen Studien mit lebenden Grönlandhaien festgestellt. Grönlandhaie überraschen die Robben im Schlaf, vermuteten die Forscher damals. 

Kameras statt Fang
Wie sich Grönlandhaie sonst in ihrem natürlichen Habitat verhalten, wurde selten studiert. Drei Forscher von der kanadischen Memorial University of Newfoundland wollten dies ändern. Im kanadisch-arktischen Archipel, schreiben Brynne Devine, Laura Wheeland und Jonathan Fisher in ihrer vor Kurzem im Fachmagazin «Scientific Reports» erschienen Studie, sei nie kommerzielle Hai-Fischerei betrieben worden. Man wisse daher noch weniger über die dortige Population der Grönlandhaie als in anderen Teilen der Arktis.  

Vor dieser Kamera schwimmen gleich zwei Grönlandhaie durch (Video: Brynn Devine):

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Deshalb liessen sie mit Tintenfischen beköderte Kameras in die Tiefe – so gelangen einige der ersten Tiefseeaufnahmen von Grönlandhaien. Die meisten Haie hielten sich in Tiefen von 450 bis 800 Metern auf, notieren die Forscher. Dank den Kamera konnten sie ausserdem, ohne die Haie aus dem Wasser zu holen und unnötig zu stressen, Daten zur Grösse und Geschlechterverteilung sammeln, die Wassertemperatur messen und eine Schätzung der Populationsdichte aufstellen. All dies zu wissen sei wichtig für den Schutz der Haie. Als nächstes wollen sie herausfinden, ob und wie Grönlandhaie wandern, ob sie standorttreu sind oder zwischen verschiedenen Futterplätzen hin und her wechseln.

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