In einem Badesee in der Gemeinde Irsee (Landkreis Ostallgäu) hat eine Alligator-Schildkröte einen Knaben in den Fuss gebissen. Dabei wurde ihm die Achillessehne gleich zweimal durchtrennt. Die Feuerwehr hat am Sonntag die Suche nach dem bissigen Reptil fortgesetzt, doch das Tier liess sich nicht blicken.

Der Bub war am vergangenen Montag von der Schildkröte gebissen worden. Zunächst war die Wasserwacht bei ihrer Ersten Hilfe von einer Schnittverletzung durch eine Glasscherbe ausgegangen, wie Bürgermeister Andreas Lieb am Sonntag sagte. Allerdings fielen schon gleich die starke Blutung und die besonders heftigen Schmerzen auf.

Der Knabe wurde dann von seiner Mutter ins Klinikum Kaufbeuren gebracht und dort am Fuss operiert. Der Achtjährige habe einen speziellen Verband bekommen und dürfe die Sehne sechs Wochen lang nicht dehnen, sagte Lieb. Kurz nach der Operation meldete sich der Arzt im Rathaus und wies darauf hin, dass die Verletzung des Buben nur von einem Biss stammen könne – er selbst könne sich aber nicht erklären, welches Tier so zubeissen könne.

Sache für Experten
Experten versicherten dem Bürgermeister, dass die Verletzung auf keinen Fall von einem einheimischen Fisch, auch nicht von einem Hecht, stammen könne. Daraufhin schickte Lieb mit Einwilligung der Mutter des Knaben Bilder von der Wunde an das Zoologische Institut in München.

Nach längerer Prüfung wurde dort am vergangenen Donnerstag bestätigt, dass die Verletzung wohl von einer Alligator-Schildkröte herrührt. Unklar ist noch, ob es sich um eine Schnapp- oder um eine Geierschildkröte handelt. Unmittelbar nach Eingang des Faxes aus München liess Lieb den Badeweiher aus Sicherheitsgründen sperren.

Lieb besuchte auch den Knaben. Die Eltern seien mit dem Sohn aus Bonn in den Ferien ins Allgäu gekommen. Sie hätten den Vorfall gelassen aufgenommen und gesagt: «So etwas kann immer mal vorkommen.» Die Familie wolle auch im kommenden Jahr wieder im Allgäu ihre Ferien verbringen.

Weiher wird geleert
Die Feuerwehr suchte am Wochenende vergeblich nach dem Tier. Möglicherweise habe es sich im Schlamm vergraben, hiess es. Seit Samstag wurde kontinuierlich Wasser aus dem See in einen Bach abgelassen. Am frühen Sonntagabend sollte der See abgefischt werden. Die Fische würden dann in einen zwei Kilometer entfernten Teich gebracht, sagte Lieb.

Danach sollte das Restwasser abgelassen werden. «Und dann hoffen wir, dass wir die Schildkröte auf alle Fälle erwischen», betonte der Bürgermeister. Wenn nicht, werde man den Oggenrieder Weiher bis zum Frühjahr ohne Wasser lassen. Man könne zwar nicht ausschliessen, dass die Schildkröte an ein anderes Gewässer wandert – «aber den Allgäuer Winter überlebt sie nicht».

1000 Euro für «Lotti»
Lieb hat auch einen Finderlohn von 1000 Euro ausgesetzt – und zugleich die Anwohner davor gewarnt, die Schildkröte eigenmächtig fangen zu wollen. Teenager gaben dem Reptil inzwischen einen Namen. «Lotti» heisst die Schildkröte, wie auf Pappschildern am Seeufer zu lesen ist.

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Die Gemeinde Irsee liegt zwischen dem Bodensee und München. 

Trotz der Sperrung des Sees und des Starts der Wasserableitung kamen am Samstag noch einige Badegäste. Vor allem am abgeschirmten Nacktbadestrand an der Westseite des Sees seien noch einige Leute ins Wasser gegangen, sagte Lieb. «Da habe ich mich schon gewundert, dass mehrere Männer so mutig waren.»

Verbotenes Reptil aus den USA
Die bissigen Reptilien sind eigentlich in den USA beheimatet, ihre Haltung ist in Deutschland seit 1999 verboten. Wie das Tier in den Weiher kam, ist unklar. Vermutlich wurde es von seinem Besitzer ausgesetzt.

In den vergangenen Jahren sorgten gefährliche Reptilien immer wieder für Aufregung. Im Jahr 2008 verängstigte in München eine Schnappschildkröte eine Spaziergängerin. Bei Garmisch-Partenkirchen biss ein weiteres Exemplar einen 15- Jährigen in den Finger und erhielt daraufhin den Spitznamen «Schnappi». Die Geierschildkröte «Eugen» löste 2002 als «Ungeheuer von Dornach» bei München ebenfalls ein Badeverbot aus.