Bei der Grossen Sackflügelfledermaus herrscht Damenwahl: Die Männchen der Art Saccopteryx bilineata sind deutlich kleiner als die Weibchen und können daher keine Kopulation erzwingen. Doch nach welchen Kriterien suchen sich die Fledermausweibchen ihre Partner eigentlich aus? Dieser Frage widmete sich ein Forscherteam der Universität Ulm, des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW), des Naturkundemuseums Berlin und des Fritz-Lipmann-Instituts für Alternsforschung.

Bereits bekannt war, dass die Männchen nicht nur auf Balzrufe setzen, sondern den Weibchen auch ein selbst kreiertes Parfum präsentieren. «In zwei kleinen Hauttäschchen auf den Flügeln bereitet das Männchen eine Mixtur zu aus Urin, Spucke und Penissekreten», erklärt der Fledermausexperte Christian Voigt vom Berliner Leibniz-IZW. Bis zu einer Stunde pro Tag verwendet es darauf, die Täschchen zu reinigen und neu zu befüllen. Durch die Körperwärme beginnt die Flüssigkeit innerhalb kurzer Zeit zu vergären und dementsprechend streng riecht sie auch.

Jedes Männchen entwickelt auf diese Weise einen unverwechselbaren Duft und gibt damit vermutlich seinen MHC-Genotyp preis. Die MHC-Gene – eine Gruppe von Genen, die Proteine der Immunabwehr kodieren – spielen laut Medienmitteilung des Leibniz-IZW auch bei Menschen und einer ganzen Reihe anderer Wirbeltiere eine Rolle bei der Partnerwahl.

Feine Nase erschnüffelt passenden Gen-Typ
Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler über viele Jahre knapp eintausend freilebende Fledermäuse in der Nähe einer Forschungsstation in Costa Rica eingefangen, beprobt, vermessen und wieder frei gelassen. Sie analysierten dabei die Verwandtschaftsverhältnisse, die genaue Zusammensetzung der MHC Gene sowie die molekulare Beschaffenheit bestimmter Geruchsrezeptorgenen.

Es zeigte sich, dass Weibchen mit vielen Varianten dieser Geruchsrezeptorgene am besten in der Lage waren, einen Partner mit den für sie optimalen MHC-Genen zu finden. Ihre Resultate haben die Forscher in der Online-Fachzeitschrift «Scientific Reports» publiziert.

Männchen halten sich Harems
Saccopteryx bilineata
ist eine Fledermausart, die in Süd- und Zentralamerika zu Hause ist. Die 7 bis 8 Gramm schweren Tiere leben in relativ kleinen Kolonien von bis zu vierzig Individuen und organisieren sich innerhalb der Kolonie in sogenannten Harems: Ein Männchen verteidigt sein Territorium, in dem zwei bis acht Weibchen leben. Doch längst nicht alle Weibchen sind gewillt, sich auch mit ihm zu verpaaren. Gute Gene finden sich schliesslich auch andernorts.

Bei der Balz bringt das Saccopteryx-Männchen seinen Duft durch ein spezielles Ritual ins Spiel: Sobald es merkt, dass das Weibchen empfänglich ist, fliegt es zu seiner am Baum hängenden Angebeteten und schwirrt im Rüttelflug zwei bis vier Sekunden vor ihr in der Luft. Während dieses Schwirrfluges öffnet das Männchen seine Flügelsäckchen und fächert ihr dabei seinen Geruch zu. Findet das Weibchen am Bewerber Gefallen, findet die Paarung statt.