Wenn es darum geht, Prioritäten abzuwägen, gewinnt die Wirtschaft meist gegen den Naturschutz. Gerade in finanziell schwachen Nationen wie Äthiopien. So kann es nicht verwundern, wird im ostafrikanischen Staat alles auf die Karte Kaffee gesetzt, das wichtigste Exportgut Äthiopiens.

Hatten noch in den 1960er-Jahren rund 40 Prozent der Landfläche aus dichtem Wald bestanden, sind es heute weniger als 3 Prozent. Aufgrund des starken Bevölkerungswachstums werden Strassen und Häuser in die ehemaligen Wälder gebaut, Brennholz und Kohle gewonnen und – vor allem – Platz für Kaffeeplantagen im offenen Feld geschaffen.

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 An diesen Sträuchern wachsen zu gegebener Zeit Kaffeebohnen.
 Bild: Evan Buechley, University of Utah

Heimat des Arabica
Dabei würde der Kaffee in Äthiopien eigentlich in den Wäldern wachsen. An Sträuchern im Untergeschoss von Wäldern in erhöhter Lage wurden deshalb ebenfalls viele Schatten-Plantagen angelegt. Äthiopien ist Kaffee-Produzent Nummer fünf auf der Welt und das einzige Land in den Top-Ten, in dem der Kaffee ursprünglich beheimatet ist. Die bekannteste Sorte, Coffea arabica, stammt aus dem Land, Das Wort «Kaffee» ist nach der Provinz Kaffa benannt.

Wo der Kaffee in seiner natürlichen Form vorkommt, lebt eine Vielfalt von Tieren. Die Vögel darunter hat ein Forscherteam von der Universität von Utah, in Zusammenarbeit mit einheimischen Studenten, untersucht. Evan Buechley und sein Kollege Çagan Sekercioglu haben auf rund 1800 Metern Höhe im Untergehölz von Äthiopiens Wälder Fangnetze aufgestellt, um zu untersuchen, welche Vogelarten dort vorkommen, wo Kaffee wächst und welche sich in Kaffee-losen Wäldern wohler fühlen.

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 Blick auf das bewaldete Hochland in Äthiopien
 Bild: Evan Buechley, University of Utah

Nicht besser als Wald
Die Forscher sind zum Schluss gekommen, dass die Kaffeesträucher im Untergeschoss von Wäldern einen wichtigen Beitrag für die Vogelwelt liefern – genauer gesagt: für die Zugvögel, die aus Europa und Asien stammen und den Winter in Afrika verbringen. Acht von neun dieser Zugvogelarten wurden ausschliesslich in den Schatten-Kaffeeplantagen entdeckt. Die Ornithologen geben den Schattenplantagen also grösstenteils grünes Licht, ja unterstützen sie sogar.

Auch die Vögel, die eigentlich auf naturbelassene Wälder spezialisiert sind, konnten von den Forschern in den Schattenplantagen angetroffen werden. Doch Buechley relativiert: «Kaffeeplantagen sind nicht besser als Wald, denn im Wald gibt es eine deutlich grössere Menge an Vögeln.» 

Generalisten, also Vögel, die sich an eine Vielfalt von Lebensräumen anpassen können, leiden nicht unter den Kaffeeplantagen. Im Gegenteil; sie kommen dort häufiger vor als in unberührtem Wald. Aber Untergehölz-Spezialisten, hauptsächlich Insektenfresser wie der Zwergkönigsfischer (Bild ganz oben), kommen in deutlich geringerer Anzahl in Schattenplantagen vor. «Wenn wir diese Arten schützen wollen, müssen wir auch die Wälder schützen», sagt Buechley. Und er sieht noch einen Vorteil in diesen Vögeln: «Sie könnten auch den Bauern nützlich sein, weil sie ihnen die Insekten wegfressen.» Damit können die Bauern einerseits die Kosten für Pestizide sparen und müssten andererseits die Umwelt nicht damit belasten.