Krokodile gehören nicht gerade zu den beliebtesten Tieren. Schliesslich liest man immer wieder, dass eine dieser Panzerechsen einen Menschen getötet hat. Lange Zeit hat man Krokodile zudem für strohdumm gehalten, weil das Gehirn bei den meisten Arten kaum grösser ist als eine Walnuss. Und dennoch ist es wesentlich höher entwickelt als die Gehirne aller anderen Reptilien. Krokodile sind so intelligent, dass einige von ihnen nach neueren Erkenntnissen sogar eine Fähigkeit besitzen, von der man lange glaubte, sie sei im Tierreich nur «Superintelligenzlern» wie Menschenaffen, Rabenvögeln, Delfinen und Kraken vorbehalten: Sie setzen Werkzeuge ein. 

Und zwar auf eine ganz raffinierte Art und Weise: Forscher haben Sumpfkrokodile in Indien dabei beobachtet, wie sie kleine Äste und Zweige packen und aus dem Maul ragen lassen. So ausgerüstet legen sie sich am Rand eines Sees gut getarnt in den Hinterhalt. Sie warten auf Reiher, die nach Nistmaterial Ausschau halten. Will sich nun ein Reiher einen solchen Zweig für sein Nest holen, braucht das Krokodil nur noch zuzuschnappen.

Absprache vor dem Schlüpfen
Damit nicht genug: Krokodile verfügen auch über das grösste Lautrepertoire aller Reptilien. Der Mississippi-Alligator etwa kann über zwanzig unterschiedliche Laute produzieren, die er in ganz bestimmten Situationen einsetzt. Da geht es um die Verteidigung des Reviers, um die Balz, die Mutter-Kinder-Kommunikation oder Brutpflege. 

So verteidigen Bullen ihr Revier mit einem lauten Brüllen, das auch noch in einem Kilometer Entfernung zu hören ist. Die Territorialrufe der Weibchen hingegen  sind deutlich leiser und bestehen aus kurzen Zischlauten. Richtig lärmig wird es bei der Balz. Dann geben beide Geschlechtspartner während einer Art Hochzeitstanz, der über eine Stunde dauern kann, grollend-bellende Laute von sich. Mit einem hellen Warnruf werden dagegen Artgenossen davon unterrichtet, dass unmittelbar Gefahr droht. 

Solch verschiedene Laute können Krokodile machen (Video: Alex Triceratops123):

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Selbst Krokodilbabys kommunizieren –und zwar sogar, wenn sie noch im Ei sind. Mit piepsenden Lauten synchronisieren sie ihre Ausschlupfzeit. Diese Absprache ist eine clevere Überlebensstrategie. Denn der «Jetzt-schlüpfen-Ruf» lockt auch die Krokodilmütter herbei, die ihren Nachwuchs so viel besser verteidigen können, als wenn die Kleinen in mehr oder weniger grossen Abständen schlüpfen würden. 

Die Krokodilmutter gräbt die Eier sogar aus dem Sand aus, wartet, bis die Jungen geschlüpft sind, packt sie und trägt sie in ihrem Maul ins nächstgelegene Gewässer. Dort werden die jungen Krokodilchen über mehrere Monate zusammenbleiben, streng bewacht von der Mutter. Neben dem Schlüpfruf haben die jungen Krokodile noch drei weitere Rufe auf Lager: einen Kontaktlaut für die ersten Lebenswochen, einen Angstschrei und einen Drohlaut, wenn sie sich angegriffen fühlen.

Zusätzlich kommunizieren Krokodile, wie Wale oder Elefanten, mit sogenanntem Infraschall. Dabei handelt es sich um Töne, die so tief sind, dass wir Menschen sie nicht hören können. Eingesetzt werden die Infraschalllaute vor allem unmittelbar vor dem bereits erwähnten Brüllen, das der Territoriumsverteidigung und der Balz dient. Sie sind so gewaltig, dass sie sich sowohl in der Luft als auch im Wasser über grosse Strecken ausbreiten. Im Wasser sind die Laute sogar sichtbar, weil das Wasser in direkter Umgebung des Krokodils regelrecht zu kochen scheint. 

Surfen, rutschen, spielen
Krokodile sind jedoch nicht nur die intelligentesten Reptilien überhaupt, sondern verfügen auch über ein ausgeprägtes Sozialverhalten – und über Spass am Spiel. Letzteres ist im Tierreich selten, gerade wenn es sich nicht um Säugetiere und Vögel handelt. Am häufigsten spielen Krokodile mit Gegenständen, die sie im Wasser finden. Das können Holzstückchen sein, Schilfstücke oder Steine. 

Gerne wird auch mit Essen gespielt – ähnlich wie Katzen mit toten Mäusen spielen. So beobachteten Wissenschaftler, dass ein Krokodil den Kadaver eines Nilpferdbabys immer wieder in die Luft schleuderte, ohne Anstalten zu machen, ihn zu verzehren. Manchmal schmücken sich die grossen Echsen auch mit Blumen und bevorzugen dabei die Farbe Pink. Warum, ist noch nicht erforscht.

Beim sogenannten Bewegungsspiel wiederum surfen Krokodile in der Brandung oder rutschen zum Spass steile Flussböschungen hinunter. Soziale Spiele findet man vor allem bei jungen Tieren. So lassen sich kleine Alligatoren gerne von ihren grösseren Freunden auf dem Rücken tragen. Und junge Kaimane haben anscheinend Spass daran, spielerisch bestimmte Balzrituale nachzuahmen.

Der mit dem Krokodil schwamm
Offensichtlich ist der Spieltrieb manchmal so gross, dass Krokodile mit anderen Tierarten spielen und sogar mit ihnen Freundschaft schlies­sen. So hat man einen jungen Alligator beobachtet, der in den USA mit einem Flussotter herumtollte. Und es gibt sogar einige Fälle, in denen Krokodile Freundschaft mit Menschen geschlossen haben und mit ihnen spielten – ohne sie dabei zu verletzen oder zu töten.

Geradezu legendär war die über 20 Jahre dauernde Freundschaft, die einst zwischen einem costa-ricanischen Fischer namens Gilberto Shedden und einem 500-Kilogramm-Krokodil namens Pocho bestand. Shedden hatte das durch eine Schusswunde am Kopf schwer verletzte Krokodil 1989 am Strassenrand gefunden und gesund gepflegt. Pocho wurde zutraulich und hatte grossen Spass daran, seinen menschlichen Kumpel zum eigenen Vergnügen zu erschrecken, mit ihm im Wasser herumzutollen und ihm ab und an ein Küsschen zu verpassen. Die Freundschaft endete erst 2011 mit dem Tode Pochos.

Gilberto Shedden, genannt Chito, mit «seinem» Krokodil Pocho (Video Barcroft TV):

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