Es dauert ein bisschen, dann schauen William und Kate aus einem kleinen Schlupfloch. Die Studienobjekte von Susann Parlow sind scheu und eher nachtaktiv, es sind Steinmarder. In Teilen des Geheges der Tiere sieht es aus wie in einer alten Scheune. Ein altes Auto mit offener Motorhaube und viel landwirtschaftliches Gerät stehen dort.  

Unter einem der Fenster sind mehrere Schläuche befestigt, der dünnste ist schon angeknabbert. Und genau darum geht es: Parlow will herausfinden, welche Arten von Kabeln und Schläuchen für die Tiere besonders uninteressant sind.

Wissenschaftlich bisher kaum erforscht  
«Obwohl Steinmarder zunehmend Schäden an Häusern und Kraftfahrzeugen verursachen, wird diesem Phänomen im wissenschaftlichen Bereich bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt», sagt Hans-Heinrich Krüger. Der Wildbiologe ist zuständig für die Tierforschung im Otter-Zentrum Hankensbüttel im deutschen Bundesland Niedersachsen. Parlow, die an der TU Braunschweig studiert, arbeitet hier an ihrer Masterarbeit.  

«Nach unseren Berechnungen verursachen Marder an Kraftfahrzeugen einen jährlichen Schaden von mehr als 60 Millionen Euro», sagt Kathrin Jarosch, Sprecherin beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. «Bundesweit werden uns jedes Jahr mehr als 200'000 Fälle gemeldet.»  

«Wir prüfen Gummi, Silikon, PVC und Polyethylen, auch Schläuche mit Teflongewebe und Stahlgeflecht», sagt Parlow. «Uns beschäftigen dabei vor allem drei Fragen», erläutert sie. So gehe es um die Rolle des Durchmessers bei gleich bleibendem Material, das Material bei gleichem Durchmesser und als drittes um die Geschlechterfrage.

Dünne Schläuche sind verlockender  
«Ich gehe davon aus, dass sich am Ende kaum grosse Unterschiede zwischen den Geschlechtern ergeben werden», sagt sie. Bislang sei meist angenommen worden, dass die Männchen die weitaus meisten Schäden anrichten. Ausserdem hat Parlow festgestellt: «Je kleiner der Durchmesser, desto verlockender ist der Schlauch für die Marder.» Das optimale Material werde noch gesucht. «Metallgeflecht kriegen sie nicht kaputt, das ist aber kostspielig.»  

Aber warum beissen Marder überhaupt in Kabel und Schläuche? «Schuld ist vor allem das Revierverhalten», erklärt Krüger das zerstörerische Werk der Allesfresser. Das Auto bewege sich und nehme so den Duft von Rivalen auf. Zu Hause am Abstellplatz kommen dann die dortigen Steinmarder und beissen in Zündkabel, Kühlwasserschläuche und Stromleitungen. «Aber auch Neugier und Spieltrieb sind Faktoren», sagt Krüger. «Manchmal ist ein Kabel auch schlicht im Weg.»

Hausmittel helfen nicht  
Die Marderabwehr wird auch wegen neuer Antriebsarten immer wichtiger: «Bei Elektroautos reicht ein Biss», betont Krüger. «Dann kann Wasser eindringen und das Auto schaltet sich automatisch aus. Dabei können Schäden von mehreren tausend Euro entstehen.» Hilfreich sei die Ummantelung wichtiger Kabel und Leitungen oder eine Abschottung des Motorraums, heisst es beim deutschen Automobil-Club ADAC in München. Keine Wirkung hätten hingegen Hausmittel wie Hundehaare, Mottenkugeln oder WC-Steine.  

Parlow hat nicht nur die royalen Marder William und Kate eingespannt. «An meinen Untersuchungen sind noch fünf weitere Tierparks beteiligt», berichtet sie. So sind auch Fred und Wilma im schleswig-holsteinischen Eekholt im Einsatz, wie das «Hamburger Abendblatt» kürzlich berichtete.  

Was neugierige Marder alles anrichten können, hat sich im vergangenen Jahr am Cern bei Genf gezeigt. Dort legte ein Steinmarder vorübergehend den grössten Teilchenbeschleuniger der Welt lahm («Tierwelt Online» berichtete). Der Marder überlebte den Ausflug in einen Transformator mit 66'000 Volt nicht, seine Überreste kamen in ein naturhistorisches Museum.