Das Ende des Seehundsterbens in Norddeutschland ist noch nicht abzusehen. Erneut wurden an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste 25 tote oder schwer kranke Seehunde gefunden. Damit stieg die Zahl der toten Tiere seit Anfang Oktober auf 230.

Dies teilte der Sprecher des Nationalparkamts, Hendrik Brunckhorst, am Freitag in Tönning mit. Die Tiere wurden an den Stränden der Inseln Helgoland, Sylt, Amrum und Föhr entdeckt.

Die kranken Tiere waren den Angaben zufolge derart geschwächt, dass sie von ihrem Leiden erlöst werden mussten. Nach Angaben von Brunckhorst war keines der Tiere noch in so guter Verfassung, dass ein Transport in eine Seehundaufzuchtstation Sinn gemacht hätte.

Experten der Tierärztlichen Hochschule Hannover haben an mehreren Kadavern von verschiedenen Standorten untersucht, ob Staupe- oder Influenzaviren dabei eine Rolle spielen. Die Untersuchungen haben bisher ergeben, dass die Tiere an Lungenentzündungen erkrankt sind. Dabei wurden neben Lungenwürmern auch Bakterien wie Streptokokken gefunden. Ein Staupevirus, das 1988/89 und 2002 zu Seehundsterben führte, ist nicht nachgewiesen worden. Dagegen wurde bei einem großen Teil der untersuchten Seehunde ein Influenzavirus festgestellt. In den kommenden Wochen werden weitere Untersuchungen zur Abklärung seiner Eigenschaften durchgeführt. 

Influenzaviren waren für die dänische Ostseeinsel Anholt nachgewiesen worden, wo seit August rund 200 von 1500 dort lebenden Seehunden tot entdeckt worden waren. Einen Impfstoff für Seehunde gibt es nicht. Bei zwei grossen Ausbrüchen der Seehundstaupe gab es 1988 und 2002 jeweils Massensterben. An der deutschen Nordseeküste leben derzeit schätzungsweise rund 12'000 Seehunde.