Der Schneehase ist ein Spezialist für Extremsituationen. Er lebt in Höhen von mehr als 1300 Metern und ernährt sich von dem kargen Angebot, das ihm dort oben zugänglich ist. Winterschlaf macht er keinen, weshalb er sich nicht zurückziehen kann, um auf wärmere Tage zu warten.

Schon länger ist bekannt, dass Wildtiere in den Bergen von Wintersportlern bei ihren Touren abseits der Skipisten erheblich gestört werden und dadurch ihre Energiereserven gefährden. Das Bundesamt für Umwelt BAFU hat zu dieser Thematik eine Sensibilisierungskampagne gestartet (Tierwelt berichtete). Eine Studie, durchgeführt im Tierpark Goldau, belegt nun, dass auch der Schneehase in Gefahr schwebt. Die Verantwortlichen forderten an einer Medienkonferenz von heute Dienstag, ihn zum Schutz in eine solche Kampagne einzubinden. 

Simulierter Stress durch Hunde
Maik Rehnus, Wildtierökologe, hat im Tierpark Goldau einen Versuch mit sechs Schneehasen durchgeführt, um die Hormonausschüttung bei unterschiedlichen Stressbelastungen zu vergleichen. Während eine Testgruppe von Hasen in Ruhe gelassen wurden, hat man die andere Gruppe gezielt mit simulierten Stressfaktoren wie aufsteigende Papierdrachen oder bellende Hunde gereizt und danach Kotproben auf Stresshormone untersucht. Ebenfalls wurden die Verhaltensweise und die Nahrungsaufnahme der Schneehasen untersucht und dokumentiert.

Die Resultate ergaben tatsächlich, dass der Schneehase sein natürliches Verhalten aufgrund der Stresssituationen verändert. In Ruhephasen frisst er seinen eigenen Kot, um daraus – als eine Art Zweitverwertung – zusätzliche Nährstoffe zu gewinnen. Gerät er aber in eine Stresssituation, muss er flüchten, wodurch ihm einerseits diese Mahlzeit entgeht und was andererseits gleich noch einmal zusätzlich Energie kostet. Ein doppeltes Energiedefizit also gleich.

Auch wurden bei Hasen der Testgruppe erhöhte Stresshormonkonzentrationen festgestellt, was in anderen Versuchen – mit dem nahe verwandten Schneeschuhhasen – sogar zu einer geringeren Reproduktion führte. 

Stress durch Wintersportler kann, so macht die Studie deutlich, also nicht nur einzelnen Schneehasen schaden, sondern gleich die ganze lokale Population gefährden.