Mit den mindestens 15 Rissen aus Ziegenherden, die durch Herdenschutzmassnahmen geschützt waren, sei ein Grenzwert überschritten worden, der das Verhalten dieses Wolfsrudels als problematisch klassifiziere, schreibt die Bündner Jagdverwaltung in einer Mitteilung.  

Die DNA-Proben hätten das männliche Elterntier M92 als Verursacher identifiziert. Als Elterntier wird es selber allerdings vom Abschuss verschont bleiben. Bereits im letzten Jahr sei das Tier negativ aufgefallen, als es auf der Stutzalp oberhalb Splügen eine grosse Anzahl Schafe gerissen habe.  

Insgesamt habe das Wolfspaar im letzten Jahr 59 Schafe gerissen und in diesem Jahr sei es nach der Rudelbildung zu gegen 40 weiteren Schafrissen gekommen, sagte der Bündner Jagdverwalter Adrian Arquint auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.  

Für diese Tiere habe es allerdings keinen Herdenschutz gegeben, sie seien also ungeschützt gewesen. Nun habe dieser Wolf aber damit begonnen, Tiere in geschützten Herden zu reissen und dieses Verhalten an seine Nachkommen weiterzugeben. Das Rudel bestehe aus insgesamt neun Jungtieren, die Hälfte davon dürfe gemäss dem Gesetzgeber reguliert werden, sagte Arquint weiter.

Vier Jungtiere werden geschossen  
Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hat nun den Antrag des Kantons Graubünden gutgeheissen, insgesamt vier Wölfe aus dem Beverinrudel unter Schonung der Elterntiere abzuschiessen. Die Bewilligung zur Regulierung des Wolfsbestandes beschränkte sich auf das Streifgebiet des Wolfsrudels Beverin und die Abschüsse hätten bis am 31. März 2020 zu erfolgen, heisst es in der Mitteilung weiter.  

Das Amt für Jagd und Fischerei Graubünden (AJF) habe sich in den vergangenen Wochen auf diesen Eingriff vorbereitet. Die Wildhut werde die entsprechende Regulierung vornehmen. Geplant sei ein zeitnahes Vorgehen: Dies sei nötig, damit die Elterntiere noch von den übrigen Wölfen unterschieden werden könnten. Je länger zugewartet werde, desto schwieriger werde sich die Identifizierung der einzelnen Wölfe gestalten.  

Weiter werde versucht, die Tiere im Rudelverbund zu erlegen, um eine zusätzliche vergrämende Wirkung zu erziehen. Generell sei zu erwarten, dass sich der Eingriff als schwierig herausstellen werde, da das Rudel mittlerweile äusserst mobil sei und sich jeweils nur für kurze Zeit am selben Ort aufhalte.¨

Rund 30 Wölfe im Kanton Graubünden  
Die Entwicklung der Wolfspopulation im Kanton Graubünden hat sich nach Einschätzung der örtlichen Behörden nach dem Auftauchen des ersten Rudels am Calanda im Jahr 2012 gemäss den Prognosen bestätigt. Bereits damals seien weitere Rudelbildungen prognostiziert worden. Gemäss Arquint leben im Kanton Graubünden derzeit rund 30 Wölfe. Allein in diesem Jahr seien mindestens 17 Jungwölfe geworfen worden.  

Bis heute hätten in allen Teilen des Kantons Einzelnachweise von Wölfen erbracht werden können. Weitere Rudelbildungen seien daher wahrscheinlich. Wenn wie beim Beverinrudel festgestellt werde, dass Wölfe und Wolfsrudel ein problematisches Verhalten zeigten, müsse das AJF seine Verantwortung wahrnehmen und einen Eingriff in die Wolfspopulation vornehmen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt seien.  

Bedauern über Abschuss  
Die Gruppe Wolf Schweiz bedauert den Abschuss, erachtet die Regulierung aber als rechtmässig und akzeptiert sie, wie aus einer Mitteilung vom Freitag hervorgeht. Dennoch werde die Regulierung nicht dazu beitragen, dass Nutztiere im Gebiet geschützt oder Wölfe besser akzeptiert würden. Ein starker, gut ausgebauter Herdenschutz bleibe alternativlos zum Schutz von Schafen und Ziegen.  

Die Vorgaben des Bundes seien aber derart schwach, dass dies zwingend dazu führe, dass Wölfe den Herdenschutz immer wieder überwinden könnten. Die Gruppe Wolf Schweiz hat sich deshalb bereits in der Vernehmlassung zu dieser Richtlinie dafür ausgesprochen, die Vorgabe zu erhöhen, um einen besseren Schutz zu erreichen. Leider seien diese Forderungen nicht berücksichtigt worden.