Seit 1980 ist der Bestand der Vögel des Kulturlands in der EU um rund 56 Prozent eingebrochen. Zu den betroffenen Arten gehören beispielsweise Feldlerche, Star oder Kiebitz. Das geht aus den gesammelten Daten des European Bird Census Council hervor, einem Zusammenschluss europäischer Vogelexperten mit Sitz im niederländischen Nijmegen.

Die Schweiz ist bei dieser besorgniserregenden Entwicklung leider keine Ausnahme, wie Livio Rey von der Vogelwarte Sempach auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bestätigt. Seit den 1990er-Jahren haben sich die Bestände von 29 typischen Vogelarten des Kulturlandes hierzulande mehr als halbiert. Der Bestand ehemals häufiger Arten sei in den letzten 25 Jahren katastrophal eingebrochen, so Rey: Braunkehlchen gingen um 60 Prozent zurück, Feldlerchen um 50 Prozent, Neuntöter um 40 Prozent.

Weniger Nahrung und Nistplätze  
Als Hauptgrund für diese Entwicklung nennt der Mediensprecher der Vogelwarte die intensive Landwirtschaft, die mittlerweile auch in Berggebieten Einzug gehalten hat und die dortigen Brutvogel-Bestände in Bedrängnis bringt. Pestizide und Überdüngung führen zum Verschwinden von Insekten, welche die wichtigste Nahrungsgrundlage vieler Vogelarten sind.        

«Durch intensive Düngung wächst das Gras dichter, die Vögel kommen für Futtersuche oder Nestbau gar nicht mehr bis an den Boden», so Rey. Ausserdem führe beschleunigtes Graswachstum zu früherem und häufigerem Mähen. «Die am Boden brütenden Arten finden nicht mehr genug Zeit für die Aufzucht der Jungen, bevor das Nest wieder durch die nächste Mahd zerstört wird.»

Umweltziele nicht erreicht  
Als weiteren Grund nennt Rey, dass die Biodiversitätsförderflächen einen zu geringen Anteil am Kulturland ausmachen und eine zu geringe Qualität aufweisen. Zu diesem Schluss kam kürzlich auch eine Studie der Universität und der Fachhochschule Bern («Tierwelt Online» berichtete). «Für Brutvögel sind vielfältige Förderflächen wichtig, in denen nicht alles auf die gleiche Länge geschnitten ist und wo Bäume, Hecken und weitere Kleinstrukturen Nistplätze und Raum für die Nahrungssuche bieten», so der Mediensprecher der Vogelwarte.  

Der Bundesrat hielt denn auch in einem Bericht von 2016 fest, dass keines der in den 1990er Jahren beschlossenen Umweltziele Landwirtschaft vollständig erreicht wurde. So fehlen immer noch rund zwei Drittel der ursprünglich als Ziel veranschlagten 65'000 Hektare an hochwertigem Lebensraum für Brutvögel im Mittelland, wie dem Brutvogelatlas 2013 – 2016 der Vogelwarte Sempach zu entnehmen ist.      

«Diese negative Entwicklung muss bei der zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik dringend korrigiert werden, damit wir in Zukunft ein positiveres Bild für die Brutvögel im Kulturland zeichnen können», so Rey.