Bei der Kommunikation läuft vieles über Körpersprache. Bei Grossaffen wie Schimpansen, Bonobos und Orang-Utans findet sich dafür ein ganz besonderer Fall: Sie kratzen sich geräuschvoll. Für das menschliche Ohr ist dieses Kratzen bei den Orang-Utans auch noch in 15 Meter Entfernung über die Hintergrundgeräusche des Regenwaldes wahrnehmbar. In welchem Ausmass es sich dabei um zielgerichtete Kommunikation handelt, ist allerdings noch nicht abschliessend geklärt.

Forschende um Marlen Fröhlich und Carel van Schaik von der Universität Zürich haben dieses Verhalten bei Sumatra-Orang-Utans untersucht und festgestellt, dass Muttertiere dieses Kratzen offenbar nutzen, um ihren Nachwuchs zum Aufbruch zu rufen. Davon berichten sie im Fachblatt «Biology Letters».

1457 Aufnahmen  
Für die Studie filmten sie eine wildlebende Gruppe von Orang-Utans im Gunung-Leuser-Nationalpark in Indonesien. Unter den 17 Individuen befanden sich auch vier Muttertiere und ihr Nachwuchs. Insgesamt sammelten und analysierten die Forschenden 1457 Aufnahmen von «geräuschvollem Kratzen» der Tiere.    

Dabei achteten sie beispielsweise darauf, ob sich die Individuen beim Kratzen einem anderen Tier zuwendeten und ob dieses zuhörende und zuschauende Tier ebenfalls zum kratzenden Orang-Utan orientiert war. Diese Orientierung zueinander spricht für eine zielgerichtete Kommunikation.    

Ein weiterer Fokus der Analyse lag darauf, was dieses Kratzen beim «Empfänger» auslöst. Eine spezifische Reaktion stellten die Forschenden dann fest, wenn das Kratzen bei Muttertieren auftrat und an ihren Nachwuchs gerichtet war. Meistens näherten sich die Kinder dann ihren Müttern.

Festhalten für den Baumwechsel  
Solange die Orang-Utan-Kinder noch sehr klein sind, entfernen sie sich ohnehin nicht weit von ihren Müttern und klammern sich oft an ihnen fest. Mit dem Heranwachsen machen sie immer weitere eigene Erkundungstouren, können aber nicht unbedingt alleine von einem Baum zum nächsten springen und müssen sich dafür wieder festhalten. Wenn ein Muttertier also aufbrechen will, muss es den Nachwuchs herbeirufen. Das scheint über geräuschvolles Kratzen abzulaufen.    

Tatsächlich hatten frühere Studien bereits gezeigt, dass bei Schimpansen und Bonobos Muttertiere per Kratzen zum Aufbruch blasen. Ob das auch für Orang-Utans gilt, war jedoch unklar.    

Bei dieser Affenart kommunizieren die Jungen zwar oft über Lautäusserungen – die erwachsenen Tiere, und somit auch die Mütter, verständigen sich jedoch viel stiller. Diese stille Kommunikation zieht weniger Aufmerksamkeit von möglicherweise aggressiven Männchen oder Raubtieren auf sich, schreiben die Forschenden im Fachartikel.    

Allerdings behindert das dichte Laubwerk in den Baumkronen, in denen sich die Tiere in der Regel aufhalten, den direkten Blickkontakt. Geräuschvolles Kratzen könne dieses Problem jedoch umgehen.