Auch wenn die ganz heissen Tage wohl bald vorüber sein werden, sind Zecken noch immer eine Plage im Wald. Sie sind nicht nur jedem Hundehalter ein Graus, der seine Vierbeiner regelmässig von den penetranten Blutsaugern befreien muss, nein, Zecken können auch zur Gefahr werden.

Hund und Katze trifft's am häufigsten mit der Borreliose, einer bakteriellen Krankheit, die erst zu Hautrötungen, später zu Fieber und – vor allem bei grossen Hunden – gar zu Nierenentzündungen führen kann. Auch beim Menschen ist die Borreliose häufig, gefährlicher ist für ihn allerdings die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Das schöne, lange Wort wird hässlich, wenn es bei seinem bekannteren Namen «Hirnhautentzündung» genannt wird.

Bis zu 250 Menschen pro Jahr sind in der Schweiz von der FSME betroffen, die sich im besten Fall mit Fieber und Kopfschmerzen äussert, im schlimmsten Fall aber in einer Gehirnentzündung gipfelt, die bleibende Schäden oder gar den Tod hervorrufen kann.

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 Die Ausbreitung der Zecke in den USA (gelb).
 Bild: CDC

Eine Zecke mit Stern
Weniger schlimm, aber dafür umso kurioser, ist die Krankheit, die momentan im Osten der USA die Runde macht: Vegetarismus. Halt! Bevor Sie mich nun in Gedanken als Anti-Vegetarier, Tierfeind und Unmenschen verurteilen, lassen Sie mich ausführen. Eine Zecke macht Fleisch-Esser in den Vereinigten Staaten zu Vegetariern. Sie macht sie allergisch auf rotes Fleisch.

Beim Übeltäter handelt es sich um den sogenannten «Lone Star Tick», eine Schildzecke mit dem lateinischen Namen Amblyomma americanum. «Lone Star» heisst sie aufgrund ihres (mehr oder weniger) sternförmigen Flecks auf dem Rücken. Die Zecke, so berichtet «NBC New York», trägt eine ganz bestimmte Form tierischen Zuckers in sich, genannt «alpha-gal».

Die Zuckerform tritt beim Menschen nicht auf, aber bei den meisten anderen Säugetieren, auch bei denen, die wir gerne verspeisen, also etwa Rind, Schwein oder Lamm. Nun führt der Biss der Zecke zu einer starken Reaktion des menschlichen Körpers: Unser Immunsystem erkennt den Zucker Als Fremdkörper, der durch den Zeckenbiss in den Blutkreislauf gelangt und entwickelt Antikörper dagegen. Eine Reaktion, die bei manch einer anderen Substanz lebensrettend sein könnte.

Weil aber der «alpha-gal»-Zucker in Wirklichkeit nicht schädlich ist und wir ihn – ganz im Gegenteil – mit jedem Bissen Bratwurst zu uns nehmen, wird die Immunreaktion zum Alptraum für Fleisch-Enthusiasten: Die Antikörper, die der Körper ausgebildet hat, reagieren nun nämlich jedes Mal, wenn der fälschlicherweise als «böse» bezeichnete Zucker in unseren Kreislauf gelangt.

Der ganze Körper brennt
Vier bis acht Stunden nach dem Fleischkonsum, so zitiert «NBC New York» eine Allergie-Spezialistin aus der zeckenreichen Halbinsel Long Island, setze die allergische Reaktion ein. Hände, Lippen und Zunge schwellen an, wie eine Patientin berichtet, der ganze Körper juckt und brennt, die Atemwege blockieren.

Die betroffenen Patienten – laut dem Nachrichtenportal waren es seit den letzten drei Jahren allein auf Long Island fast 200 – sind mehr oder weniger gezwungen, in Zukunft vegetarisch zu leben. Oder zumindest fast, denn Fisch und Geflügel tragen den «alpha-gal»-Zucker nicht in sich und bleiben ungefährlich. 

Böse Zungen mögen nun behaupten, die Fleisch-Allergie sei eine gewollt herbeigeführte, biologische Waffe gegen den übermässigen Fleischkonsum in den Vereinigten Staaten, entwickelt vielleicht von militanten Vegetariern. Wohl kaum. Aber vielleicht wird sich der eine oder andere Vegetarier ja trotzdem heimlich freuen, dass die Natur einen effizienten Weg gefunden hat, sich selbst zu schützen – ob gewollt oder nicht.