Banbo hat es als Erste begriffen. Mit einem gezielten Daumendruck hat die elf Jahre alte Bonobo-Dame den Fernseher in ihrem Gehege angeschaltet. Die 15- jährige Liboso tritt immerhin schon manchmal mit dem Fuss gegen die Mattscheibe.

Der Rest der Affenbande aber schaut bisher nur zu. Konsumiert eher aus der Ferne, statt zu bestimmen. Es ist gar nicht so einfach, Affen das Fernsehen beizubringen - wie die amerikanische Primatologin und Anthropologin Amy Parish jetzt in der Stuttgarter Wilhelma feststellte.

Bonobo-Kino
Bis Frühjahr 2014 will die 47-Jährige für ein Forschungsprojekt in Stuttgart studieren, wie sich Primaten verhalten, wenn sie einen Fernseher zur Verfügung haben. Bonobo-Kino nennt der Zoo das Gehege mit einem in die Wand eingelassenen Fernseher und fünf grossen Knöpfen darunter.

Über diese können die Menschenaffen Filme mit fünf verschiedenen Inhalten anwählen. Mal geht es um Sex, mal um Spiel, mal um Aggressivität – immer mit Affen als Hauptdarsteller. Ein Film dokumentiert auch das Leben von Bonobos in freier Wildbahn im Kongo.

Amy Parish beschäftigt sich seit 23 Jahren speziell mit Bonobos, forschte bereits in verschiedenen Zoos in Europa und Amerika. Schon für ihre Doktorarbeit recherchierte sie in den 1990er Jahren in der Wilhelma. Damals fand sie heraus, dass bei Bonobos – deren Erbgut dem des Menschen extrem ähnlich ist – die Weibchen dominant sind.

Frauen-Power
«Die Power liegt eindeutig bei den Frauen», erzählt sie. Doch wie äussert sich das vor dem Fernseher? Auch dafür will Parish in Stuttgart Antworten finden. Finanziert werde ihre Forschung von einer privaten Stiftung in den USA. Genauere Zahlen wollte sie nicht nennen.

Dass Affen TV schauen dürfen, ist nicht neu. Das Besondere in Stuttgart ist jedoch, dass die Tiere selbst die Knöpfe drücken und die verschiedenen Programme anwählen können. «Es ist ein weltweites Pilotprojekt», berichtete Parish. Für welche Themen interessieren sich die Affen? Schauen Männchen andere Programme als Weibchen? Welche unterschiedlichen Geschmäcker gibt es in der Gruppe?

Missbilligung bei Raubtieren
Erneut forscht Parish sowohl als Primatologin als auch als Anthropologin. Im Idealfall, sagt sie, könne ihre Forschung Hinweise gaben, wie sich aggressive Filme auf das Verhalten auswirken können. Und das nicht nur bei Affen.

Auch die pfiffige Banbo brauchte etwa Zeit, um den An-Knopf zu finden. Auf einem Bildschirm zeigte Parish ihr, wie es geht. Banbo, eine Handaufzucht, stammt aus dem Twycross Zoo in Mittelengland, wo schon vor einigen Jahren Erkenntnisse zum TV-Verhalten von Bonobos gesammelt wurden. Dort wurden den Affen Filme mit anderen Tieren gezeigt.

Raubtiere seien mit «Missbilligung» kommentiert worden, so eine Tierpflegerin, für kleinere Tiere habe es «Ooohs» und «Aaahs» gegeben. «Erst als eine Schlange ins Bild kam, verloren sie die Nerven und rannten schreiend davon – um sich kurze Zeit später anzuschleichen und nachzusehen, ob die Luft wieder rein ist.»

Stehende Ovationen
Die Vorlieben der Bonobos hätten eindeutig bei Zeichentrick- und Tierfilmen gelegen, hiess es. Sie liebten Action und bunte Farben, Politiksendungen hätten sie eher gelangweilt. Und als der Fernseher mal defekt war und repariert werden musste, sei der Mechaniker, der das Gerät zurückbrachte, mit Stehenden Ovationen empfangen worden.