In rasendem Tempo schiessen Chicky, Angel und Secret durch die Lagune und schnellen mit imposanten Sprüngen in die Luft. Das Publikum klatscht. Mit silbrigen Kübeln schreiten die drei Trainer auf die gedeckte Bühne. Die Show kann beginnen. In der 85 Meter langen und 7 Meter tiefen Lagune, die 13 Millionen Liter Salzwasser fasst, zeigen die Delfine mit den Trainern ihr Programm. Die vier Showblöcke pro Tag sind nie gleich. Sie dienen den Tieren als Training und spielerische Beschäftigung, so erarbeiten sie sich ihre Nahrung. 

«Delfine fressen pro Tag bis zu 10 Kilogramm Fisch und bei uns erhält jedes Tier seinen Schmaus individuell abgestimmt auf sein Alter und Gewicht», sagt Connyland-Besitzerin Nadja Gasser. Die Mahlzeiten stellt sie mit ihrer Crew jeweils am frühen Morgen bereit. Sprotten, Heringe und Tintenfische: Alles wird tiefgefroren aus Holland importiert. Rund 12 Tonnen Fisch reichen für die drei Delfine und die acht Seelöwen für circa drei Monate. Die verschiedenen Fischarten sollen den Tieren nicht eine abwechslungsreiche Mahlzeit bescheren, sondern werden je nach Bedürfnis der Tiere eingesetzt. «Im Winter benötigen sie Nahrung mit mehr Fettgehalt», sagt die 44-jährige Gasser.  

Das Training hilft auch, die Tiere bei medizinischen Problemen zu behandeln
Die tägliche Arbeit mit den Meerestieren teilt sich ein sechsköpfiges, internationales Team. Jeder weiss, was zu tun ist. Das Training findet nicht nur während der offenen Saison statt. In der kalten Jahreszeit wird in der angrenzenden Halle trainiert und geübt. Diese ist nochmals so gross wie die Aussenanlage und für die Delfine frei zugänglich. Das Training ist nicht nur für die Beschäftigung sinnvoll. «Damit sind auch medizinische Untersuchungen an den Delfinen optimal gewährleistet», sagt Gasser. 

Am Beckenrand in der Halle steht Benjamin Schulz und füllt einen kleinen Becher mit Wasser. Der Biologe prüft mehrmals am Tag die Wasserwerte wie PH-Wert, Salz-, Nitrat- und Chlorgehalt. Damit kann er feststellen, wie die Filteranlage arbeitet. Fütterung, Arbeit und das Verhalten der Tiere werden jeweils genau in einem Protokoll festgehalten.  In der Halle ist nach der Show Spiel- und Schmusestunde angesagt. Die drei Delfine machen sich durch verschiedene Töne ungeduldig bemerkbar. Ihre Rufe erzeugen sie durch das Blasloch. Secret schwimmt an den Beckenrand und prustet wild drauflos. 

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© Daniela Eblinger

Nadja Gasser beobachtet die Delfine verträumt. Sie kann sich noch gut erinnern, wie sie im Delfinbecken als kleines Mädchen von ihrem Bruder Röby schwimmen gelernt hat. Secret holt die Delfintrainerin aus ihren Erinnerungen und bespritzt sie mit Wasser. «Er ist mit zwei Jahren der Jüngste im Schwarm und hat noch einige Flausen im Kopf», sagt die blonde, zierliche Frau. Chicky kommt mit einem Satz auf die Bühne, direkt vor die Füsse ihrer Besitzerin. Gasser streichelt das Tier liebevoll. Die Delfindame öffnet den Schnabel. Ganz selbstverständlich fährt Gasser mit der Hand über die messerscharfen Zähne, von denen Delfine 88 bis 92 Stück besitzen. Chicky scheint die Berührungen zu geniessen.

Dann lässt sie sich wieder ins Wasser gleiten. Der sonst so quirlige Secret schwimmt ganz ruhig und nah an seine Mutter und beide gleiten langsam dahin. Delfine säugen ihre Jungtiere zwei bis drei Jahre. Alle vier Jahre können sie ein Junges bekommen. Die Tragzeit beträgt 12 Monate. «Obwohl Secret noch gesäugt wird, verhält er sich sehr selbstständig», sagt Gasser. Sie erzählt, wie Mutter Chicky ihr Junges bereits am Tag der Geburt stolz präsentierte. Für sie ist es ein sicheres Zeichen, dass sie und ihre Crew zu den Tieren ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis haben. 

Doch dies wird nur noch diese Saison so sein. Vor zwei Jahren starben im Connyland zwei Delfine. Tierschutzorganisationen liefen Sturm gegen die Haltung der Meeressäuger überhaupt in der Schweiz und schliesslich sprachen National- und Ständerat im letzten Jahr ein Importverbot aus. Dies hat für das Connyland Folgen. Der siebenjährige Angel wird bald geschlechtsreif. Um Inzest zu vermeiden, muss für die Delfine ein geeigneter Platz gesucht werden. Für Nadja Gasser überlegen die Tierschützer viel zu wenig weit: «Hauptsache, die Delfine sind nicht mehr in Lipperswil – wohin und wie es die Tiere am neuen Platz haben, ist ihnen egal.» 

Der Thurgauer Tierschutzverband hatte mit dem Connyland schon vor den parlamentarischen Diskussionen intensiv das Gespräch gesucht. «Beide Parteien kamen zum Schluss, mittel- bis längerfristig das Delfinarium aufzulösen», sagt Präsident Reinhold Zepf. Er verfasste darauf einen Vertrag mit einer Zeitdauer von bis zu 10 Jahren. «Wir standen mitten in positiven Verhandlungen, als der Ständerat an diesem Morgen seinen Entscheid mit dem Importverbot aussprach und dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung machte», sagt Zepf bedauernd. Für ihn wäre der Vertrag für alle Beteiligten eine bessere Lösung gewesen. Nach dem Entscheid des Nationalrats hatte er mit Geschäftsinhaber Röby Gasser und dem Geschäftsführer keinen Kontakt mehr. «Die Emotionen waren danach im Connyland sehr gross.»

Die Besitzerin zweifelt den Befund noch immer an
Für die Eignerin selbst ist im Fall der toten Delfine vieles suspekt. Für sie sind die Tiere eindeutig vergiftet worden. «Überhaupt können wir das ganze Vorgehen von allen Beteiligten nicht nachvollziehen», sagt sie. Familie Gasser lud die Parlamentarier vor dem Entscheid des Importverbots persönlich ein – aber niemand kam, um sich einen Eindruck  von der Delfinhaltung im Connyland zu verschaffen. Anfang Juli gab die Kreuzlinger Staatsanwaltschaft das Ergebnis der Straf­untersuchung wegen der zwei toten Tiere bekannt: Demnach sind abgegebene Antibiotika schuld am Tod der zwei Delfine. Bei den Verantwortlichen vom Connyland löst dieser Befund nur Kopfschütteln aus. «Im Urin der toten Tiere seien Spuren der Substanz Buprenorphin gefunden worden, aber diesen Indizien wurde einfach keine Beachtung geschenkt», sagt die Delfintrainerin. Weitere Untersuchungen seien erst Monate später erfolgt, obwohl bekannt sei, dass dieses Gift innerhalb von 24 Stunden verschwinde.

Bis ihre Schützlinge die Schweiz definitiv verlassen, will sich Nadja Gasser die letzte Saison nicht ganz vermiesen lassen. Sie bläst durch die Trillerpfeife. Die Delfine reagieren blitzschnell und schwimmen quer durch die 35 Meter breite Lagune zu ihr herbei. Der Pfiff heisst für die Tiere «gut gemacht», fordert sie auf, ihre Belohnung zu holen und signalisiert ihnen auch das Ende einer Übung. Das Publikum ist begeistert und applaudiert. Die Show ist zu Ende. Chicky, Angel und Secret verabschieden sich mit winkender Flosse. Ende Oktober wird es das letzte Mal sein.