Klein und relativ unscheinbar sieht sie aus, die einzige einheimische Schildkröte mit ihrem schwarzen Panzer. Ganz anders als manch ein anderer Bewohner des Papiliorama in Kerzers. Anders als die prächtigen Schmetterlinge und die farbenfrohen Vögel in den Kuppelzelten haben sie nicht primär den Auftrag, die Besucher mit ihrem Aussehen zu beeindrucken, sondern denjenigen, ihre eigene Art zu erhalten.

Durch die Kirche gefährdet
Vor dem Mittelalter war die Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) in ganz Europa weit verbreitet. Mit der immer grösser werdenden Macht der Kirche gingen ihre Bestände aber gewaltig zurück. Der Grund: während der kirchlichen Fastenzeit war es den Katholiken verboten, das Fleisch von warmblütigen Tieren zu essen. Fische wurden dadurch zu einem Hauptnahrungsmittel, Schildkröten galten gar als Delikatesse.

Doch die Kirche trägt nicht die alleinige Schuld am allmählichen Ausrottung der Sumpfschildkröte. Auch die Zerstörung ihrer Lebensräume hat dazu beigetragen, dass heute vermutlich keine der «ursprünglichen» Tiere mehr in freier Wildbahn leben. Die wenigen Exemplare, die im Kanton Genf und im Tessin noch gelegentlich gesichtet werden, sind laut der KARCH (Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz) vermutlich ausgesetzte Individuen.

Erst Aufmerksamkeit, dann Wiederansiedlung
Mit dem Bau eines neuen Teiches für die Europäischen Sumpfschildkröten will die Stiftung Papiliorama, zusammen mit dem Projekt Emys Schweiz eine langfristige Wiederansiedlung der Tiere in der Schweiz erreichen.

Zunächst einmal soll das Gehege im Aussenbereich des Papiliorama für Aufmerksamkeit sorgen: Besucher sollen über die Tiere informiert werden und haben die Möglichkeit, eine Patenschaft für eine Sumpfschildkröte zu übernehmen. 

In einer zweiten Phase soll hinter den Kulissen des Papiliorama eine Zuchtstation für die Schildkröten entstehen. Ziel ist die Wiederansiedlung, und zwar an den Orten in der Schweiz, an denen das Vorkommen der Tiere historisch nachgewiesen ist: In den Kantonen Genf, Neuenburg und Tessin. 

Eine wissenschaftliche Studie soll dabei den Erfolg der Auswilderungen überwachen. So werden den freizulassenden Tieren etwa Gen-Proben entnommen, um sicherzugehen, dass ihr Erbgut mit demjenigen der bereits dort lebenden Schildkröten übereinstimmt.

Für die Anwesenden an der Einweihung des Sumpfschildkröten-Teichs im Papiliorama ist das Projekt schon jetzt ein Erfolg. Und auch die Tiere schienen sich in ihrem neuen Lebensraum von der ersten Minute an wohlzufühlen.