Genüsslich macht sich Okara über ihr Futter her: Sie schleppt ein grosses Stück Fleisch durch das felsige Gehege, legt sich unter ein Gebüsch und rupft einzelne Fasern vom Knochen. Ihre Schwester Orya widmet sich derweil der Körperpflege. Unbeeindruckt von den zahlreichen Zoo-Besuchern schleckt sie ihre grossen Pfoten ab.

Nicht immer können die beiden eineinhalbjährigen Raubkatzen momentan tun, wonach ihnen ist. Die Tierpfleger machen seit zwei Monaten regelmässig Transport-Training mit ihnen. Dabei werden Okara und Orya in eine Holz-Kiste geführt, so dass sie den Ernstfall - die grosse Reise - dann mit möglichst wenig Stress überstehen.

Für die Zucht von grosser Bedeutung
Orya, die Mutigere der beiden Schwestern, erkundete die Kiste als erste. Die etwas zurückhaltende Okara brauchte etwas länger, bis sie sich in das Holz-Ding wagte. Den ganzen Stress des Transportes könne man natürlich auch mit Training nicht verhindern, sagt Kurator Robert Zingg. Aber Üben bringe bereits viel.

Das Training ist schon so weit fortgeschritten, dass sich der Zoo bald von Okara und Oraya verabschieden wird. Ihre Zukunft werden sie ohne einander verbringen. Okara kommt in den Zoo von Plock in Polen, Oraya nach Milwaukee im US-Staat Wisconsin.

Von beiden wird Nachwuchs erwartet, denn die beiden Zürcherinnen sind für die Zucht dieser seltenen Tiere von grosser Bedeutung. Da ihre Mutter Dshamilja ein Wildfang ist, bringen Okara und Oraya eine willkommene Blutauffrischung in Nachzucht-Populationen.

«Bei Zoo-Populationen gehen mit jeder Generation genetische Informationen verloren», sagte Zingg weiter. Es sei deshalb wichtig, regelmässig so genannte «Gründertiere» zu integrieren, die entweder Wildfänge sind oder direkt von solchen abstammen.

Wildfang aus Tadschikistan
Wildfänge seien deshalb auch in Zukunft gelegentlich nötig, sagte Zingg weiter. Wichtig seien dabei aber die Umstände, unter denen ein Tier für einen Zoo ausgesucht und gefangen werde. Im Falle der bereits 15 Jahre alten Dshamilja war der Umzug in ein Gehege sogar die Rettung. Sie stammt aus Tadschikistan und blieb als Jungtier mit der rechten hinteren Pfote in einer Falle hängen.

Wilderer boten sie schliesslich in Kirgistan auf einem Markt an. Eine Anti-Wilderer-Gruppe konfiszierte das Tier im Jahr 2000. Die Wilderer wurden verhaftet und verurteilt. Dshamilja jedoch verlor wegen der Falle ein Stück ihrer rechten Hinterpfote, so dass sie ihr Leben lang hinken sollte und in Freiheit nicht überlebt hätte.

Nach einem Aufenthalt in Deutschland kam sie 2001 schliesslich nach Zürich, wo sie seither in sechs Würfen sieben Junge gebar. Okara und Oraya waren wohl das Schluss-Bouquet für die Seniorin. Nachdem die beiden Jungen das Nest verlassen haben, wird sie mit dem Männchen Villy ihren Lebensabend geniessen.

Schneeleoparden leben im zentralasiatischen Hochland und gelten als stark gefährdet. Wilderei und die Zerstörung ihres Lebensraumes haben die Population in den vergangenen Jahren dezimiert. In Freiheit leben nur noch etwa 5000 Tiere.