Man nehme zehn Wölfe, zehn Tierheimhunde und zehn Haushunde und lasse sie eine einfache Aufgabe lösen: Eine Wurst, die vorher beschnuppert werden konnte, muss aus einem durchsichtigen Plastikbehältnis geholt werden. Dazu muss der Hund oder Wolf mit einer Pfote die Box festhalten und mit der Schnauze an einem Seil, das am Deckel befestigt ist ziehen. So weit der Aufbau der im Fachjournal «Biology Letters» publizierten Studie der amerikanischen Verhaltensforscherin Monique Udell. Die Tierheimhunde wurden als eine Art «Zwischenstufe» angesehen: domestiziert, aber nicht vollständig an den Menschen gebunden.

Was einfach sein sollte, stellte sich aber für die meisten der «Versuchsteilnehmer» bald als unüberwindbares Problem heraus: So schaffte es kein einziger der glücklichen Haustier-und nur einer der Tierheimhunde, die Box zu öffnen. Bei den Wölfen dagegen schnappten sich acht von zehn die Wurst. Auch wenn die Besitzer der Hunde dabei waren, änderte sich an den Ergebnissen nichts. In einem weiteren Experiments liess Udell die Besitzer – und im Fall der Tierheimhunde ein Pfleger – die Tiere ermutigen, sich ihre Belohnung zu hole und siehe da – vier Tierheimhunde und immerhin ein Haushund bewältigten die Aufgabe.

Hunde verlassen sich auf Menschen
Auffallend war, dass die Wölfe sich ausdauernd mit dem Problem beschäftigten, bis sie es schliesslich lösen konnten, während die Hunde ihre Besitzer anschauten und auf Hilfe warteten. Das bedeutet aber nicht, dass Wölfe schlauer sind als Hunde, denn diese Taktik macht sich für die Hunde ja meistens bezahlt. 

Sie glaube nicht, dass Hunde solche Aufgaben nicht bewältigen können, sagt Udell gegenüber dem «Science Magazine». «Aber sie versuchen es gar nicht erst, ausser sie werden dazu motiviert.» Udell glaubt, dass dies an der Erziehung der Hunde liege: «Wir sagen ihnen, dass sie dies und das nicht tun dürfen. So lernen sie, immer erst auf Anweisungen vom Menschen zu warten.» Deshalb, so spekuliert die Wissenschaftlerin, seien sie ihren Versuch wohl mit Vorsicht angegangen: Auch wenn sie es vielleicht gekonnt hätten, wollten sie, dass das Herrchen ihnen hilft, die Box zu öffen. So können sie nichts falsch machen.

Während es für Wölfe für das Überleben in der Wildnis wichtig ist, unabhängig zu sein und Probleme lösen zu können, ist es für ihre domestizierten Verwandten entscheidend, menschliche Signale richtig interpretieren zu können. Wer dies nicht kann, landet vielleicht in einem Tierheim.