Hunde bellen, um mit uns oder ihren Artgenossen zu kommunizieren. Wie oft, wie schnell und wie ausgeprägt sie ihre Stimme einsetzen, hängt von mehreren Faktoren ab. Ein grosser ist die Rasse. Denn typische Hof- und Wachhunde wie Spitze, Islandhunde und Hovawarte wurden darauf gezüchtet, die Ankunft von Fremden anzukündigen. Von Stöberhunden wie dem Deutschen Wachtelhund oder dem Englischen Springer Spaniel wird bei der Jagd erwartet, dass sie den Aufenthaltsort von Wildtieren durch Bellen anzeigen. Und auch einigen Hütehunden liegt das Bellen schlichtweg im Blut. Die Rasse alleine ist jedoch noch nicht ausschlaggebend. So kann ein Hovawart lernen, seine Stimme nur in Massen einzusetzen, und ein von Natur aus eher ruhiger Afghane oder Leonberger durch Haltungs- oder Erziehungsfehler zum Dauerkläffer werden.

Es sollte nie das Ziel sein, einem Hund das Bellen ganz abzutrainieren – schliesslich gehört es zu seinem natürlichen Sprachrepertoire. Allerdings kann das Bellverhalten solche Ausmasse annehmen, dass es für die Umwelt zum Problem wird. Das weiss auch die norwegische Hundetrainerin und Ratgeberautorin Turid Rugaas. Sie bezweifelt, dass es sich in solchen Fällen noch um eine natürliche Ausdrucksform handelt. «Wahrscheinlicher haben wir es mit erlernten Verhaltensmustern zu tun, die zum Beispiel entstanden sind, weil niemand auf die Mitteilungsversuche des Hundes reagiert hat, er für das Bellen bestätigt wurde oder unter Stress leidet.»

Bell-Tagebuch zur Ursachenforschung
Bevor man versucht, dem Hund das übermässige Bellen abzutrainieren, sollte man, so die Empfehlung von Rugaas, ein Bell-Tagebuch anlegen. In diesem schreibt man etwa eine Woche lang auf, wann, wo, in welcher Situation, wie lange und wie intensiv sich der Hund zu Wort meldet. So findet man leichter die Ursachen für das Problem und kann diese dann durch gezieltes Training oder eine Veränderung der täglichen Routine angehen.  Rugaas unterscheidet dabei sechs Belltypen: Freuden- oder Erwartungsgebell, Warnbellen, Verteidigungsbellen, Angstbellen, Frustrationsbellen sowie erlerntes Bellen. Um welches es sich handelt, erkennt man mit einiger Übung am Klangbild und an der Körpersprache des Hundes.

Leicht zu erkennen und auch am einfachsten zu beheben ist das eintönige und nicht enden wollende Frustrationsbellen, das häufig auftritt, wenn Hunde zu viel Zeit alleine verbringen müssen. Das verzweifelte Wauwauwau, das manchmal kurzzeitig in ein Heulen übergeht, wechselt sich manchmal mit stereotypen Verhaltensweisen wie übermässiges Lecken, in die eigene Rute beissen oder Graben ab und ist Ausdruck von grossem Stress. Hier hilft nur eins: die Lebenssituation des Hundes verändern, ihn also zum Beispiel aus dem Zwinger ins Haus holen, mehr mit ihm unternehmen, ihn mit ins Büro nehmen oder einen Hundesitter engagieren, der mittags mit ihm spazieren geht.

Generell gilt, dass Hunde, die körperlich und geistig durch Spaziergänge, Spiel und Trainingseinheiten ausgelastet sind, weniger zum übermässigen Bellen neigen als Vierbeiner, die keine Aufgabe haben, sich langweilen und nicht wissen, wohin mit ihrer Energie. Allerdings ist es wichtig, die richtige Dosis zu finden. Denn auch Überforderung oder sehr unregelmässige Tagesabläufe können dazu führen, dass ein Hund völlig aus dem Häuschen ist und das lautstark äussert. Oftmals bellen Hunde aber auch schlichtweg, weil sie Angst oder es sich zur Aufgabe gemacht haben, ihren Besitz und ihr Rudel vor vermeintlichen Angreifern zu verteidigen.

Schimpfen ist kontraproduktiv
Will man seinem Hund mitteilen, dass sein Bellen unerwünscht oder nicht nötig ist, sind ruhiges, souveränes Auftreten und Konsequenz gefragt. «Tadel, Bestrafungen und Wutausbrüche sind kontraproduktiv», sagt Rugaas. Viele Menschen schreien ihren Hund an und glauben, er habe das eigene Bellen als Ursache für den Wutausbruch erkannt, weil er erst mal still ist. «In Wirklichkeit zuckt er einfach vor Schreck zusammen und verknüpft dieses Erschrecken mit dem, was er gerade sieht, riecht oder spürt», erklärt Rugaas.

Das kann fatale Folgen haben. Schimpft man den bellenden Hund aus, während ein Radfahrer vorbeifährt, bringt man ihm bei, dass Radfahrer gefährlich sind, und schafft so nur ein zusätzliches Problem. Andere Vierbeiner freuen sich darüber, eine Form der Aufmerksamkeit, selbst wenn es eine negative ist, zu bekommen, und sehen sich in ihrem Bellen nur bestätigt. Das Gleiche passiert, wenn man einem bellenden Hund gut zuredet oder versucht, ihn mit Leckerchen abzulenken.

Besser ist, sich zwischen den Hund und die vermeintliche Gefahr, also zum Beispiel den Besucher, zu stellen. So signalisiert man ihm, dass man seinen Warnlaut registriert hat und als Rudelführer nun selber Verantwortung für die Situation übernimmt. Rugaas empfiehlt zudem, ein stoppendes Handzeichen anzutrainieren. «Man stellt sich ruhig zwischen den Hund und den Reiz, mit dem Rücken zum Hund und zeigt ihm die Handinnenflächen, bis der Hund ruhig ist.» Das Sichtzeichen werde von den Hunden intuitiv verstanden und nach einer Weile reiche es schon aus, damit einem der Hund die Situation überlässt. «Man muss dann nicht mehr zwischen den Hund und den Reiz treten», sagt Rugaas.

Auch vorausschauendes Verhalten hilft, wenn man Gebell reduzieren will. Einen selbst ernannten Wachhund sollte man möglichst nicht in Situationen bringen, in denen er etwas verteidigen muss, ihn also zum Beispiel nicht alleine im Garten lassen, wenn er jeden Passanten am Zaun ankläfft. Einem Hund, der aus Angst bellt, sollte man durch gezieltes Training seine Furcht nehmen. Ein gut sozialisierter Hund, der von klein auf an Artgenossen, Kinder, Radfahrer, Autos, Geräusche, Schafe und andere Alltäglichkeiten gewöhnt wurde, bellt diese in der Regel auch nicht an. Wenn sich das negative Verhaltensmuster schon etabliert hat, bittet man am besten einen erfahrenen Hundetrainer um Hilfe.

Literaturtipp
Turid Rugaas: Das Bellverhalten der Hunde (mit Audio-CD zur Typologisierung des Bellens)
kartoniert, 103 Seiten
animal Learn Verlag
ISBN 978-3-936188-34-9
ca. 30 Franken