Was gibt es Süsseres als Katzenwelpen? Doch manche jungen Büsi bleiben auf der Strecke, werden sich selbst überlassen und brauchen menschliche Hilfe. Vielleicht weil das Muttertier erkrankt oder gestorben ist, zu wenig Milch hat oder das Junge nicht annimmt. Vielleicht handelt es sich auch um ein Findeltier, das verlassen vorgefunden wurde. Der erste Weg sollte es sein, eine Amme zu suchen. Denn generell gilt: Jede Ersatzmutter ist besser als die Aufzucht von Menschenhand. Klappt dies allerdings nicht, muss man selbst ran und dabei gibt es einiges zu beachten.

Gerade in den ersten Tagen nach der Geburt ist Wärme das Zauberwort. Die Kleinen können ihre Körpertemperatur noch nicht selbst regulieren und brauchen ein warmes Plätzchen. Das kann eine Kiste sein, hoch genug, um nicht herauszufallen, ausgestattet mit Decken, Windeln, Wärmekissen, Heizmatten, Wärmflaschen oder Kirschkernkissen. Auch Infrarotlampen können zum Einsatz kommen. Was gar nicht geht, sind flauschige Frottiertücher, da sich die Kleinen mit ihren Krallen darin verheddern können. Denn einziehen können sie sie anfangs noch nicht. 

Damit die Büsi nicht überhitzen oder sich gar verbrennen, dürfen sie zudem nicht zu nahe an die Wärmequelle geraten. Daher Kirschkernkissen, Wärmflaschen und Ähnliches am besten in ein Tuch einwickeln und die Lampe in sicherer Entfernung platzieren. Aber damit ist es nicht getan, warnt die Tierschutzorganisation NetAp in ihrem Wegweiser zur Welpenaufzucht. Bei Wärmflaschen oder -kissen muss die Temperatur regelmässig überprüft werden. Sinkt diese, kann dies dem Körper des Tieres sogar Wärme entziehen, anstatt zuzuführen. Im Zweifelsfall sollte die Körpertemperatur der Welpen mit einer rektalen Messung überprüft werden. 

Selber mixen
Ist keine Ersatzmilch zur Hand, empfiehlt NetAp zwei Rezepte als vorübergehende Alternative:

1          • 70 g Magermilch

            • 15 g Magerquark

            • 8 g mageres Rinds-Hackfleisch

            • 3 g Eigelb

            • 3 g pflanzliches Öl

            • 1 g Traubenzucker

            • 1 g Mineral- und Vitaminpulver
        mit 20 Prozent Kalzium

2          • 90 ml Kondensmilch

            • 90 ml Wasser

            • 120 ml Vollmilchjoghurt

            • 3 grosse oder 4 kleine Eigelb

Beide Mischungen jeweils pürieren, durch ein Sieb giessen und auf 37 Grad erwärmen.

Dauerschleife Fütterung
Die ideale Umgebungstemperatur liegt in der ersten Woche bei 30 Grad, in der zweiten bei 28 Grad, in der dritten bei 26 Grad bis ab der vierten Woche dann die normale Raumtemperatur genügt. Auf diese Weise ausgestattet, sollte die tierische Körpertemperatur in den ersten drei Tagen bei 37 bis 38,2 Grad liegen und danach auf höchstens 39,2 Grad steigen.

Von Wärme wird man bekanntlich nicht satt, und da Katzenwelpen schnell dehydrieren und unterzuckern, muss man sie regelmässig füttern. Aber womit? In den ersten 3½ bis 4 Wochen ist das Verabreichen von Katzenaufzuchtmilch unabdingbar. Wenn auch nichts an die natürliche Muttermilch mit all ihren Nähr- und Abwehrstoffen herankommt, gibt es doch relativ gute Ersatzprodukte; als Pulver oder fertig aus der Dose. Kuhmilch gilt es aber komplett zu vermeiden. Sie ist zu schwer verdaulich und kann zu starkem Durchfall führen. Wer gerade keine Aufzuchtmilch besorgen kann, sollte daher für den Anfang aus Quark oder Kondensmilch selber etwas mixen (siehe Box). Das Ergebnis einfach in kleine Eiswürfelschalen oder -beutel abfüllen und portionsweise einfrieren. So ist man immer schnell parat.

Zum Füttern eignen sich Trinkflaschen mit Gummisauger. Doch Sauger ist nicht gleich Sauger. So sollte das Loch im Sauger so gross sein, dass etwa ein Tropfen Milch pro Sekunde herausfliesst. Ist es kleiner, fällt das Trinken zu schwer und die Kätzchen nehmen zu wenig Flüssigkeit auf. Ist keine Trinkflasche im Haus, kann man auf Pipetten oder Einwegspritzen zurückgreifen und die Milch vorsichtig ins Maul träufeln. Die Spritzen sollten laut NetAp leichtgängig sein, da bei ruckartigen Bewegungen die Gefahr einer  Überdosierung besteht, woran sich das Kätzchen verschlucken könnte. Gerät die Milch in die Lunge, kann es zu einer Lungenentzündung kommen. 

Wie viel Milch ein Kätzchen braucht, hängt von seinem Gewicht ab. NetAp empfiehlt in den ersten drei Lebenswochen 15 Milliliter pro 100 Gramm Körpergewicht und danach 20 Milliliter.

Die Massage danach
Zeit für die Fütterung ist es, wenn das Kleine lautstark fiept oder augenscheinlich nach Mamas Zitze sucht. Das wird in den ersten beiden Wochen etwa alle zwei Stunden der Fall sein, später hat man bis zu vier Stunden Ruhe. Erst wenn ab der vierten Woche feste Nahrung dazukommt, kann man nachts wieder durchschlafen. Vorher gilt die Devise: allzeit bereit. Zeigt das Kätzchen keinen Schluckreflex oder verweigert es das Trinken, hilft nur der Gang zum Tierarzt, der dann eine Sonde legt. 

Beim nächsten Schritt kommt einem eine etwaige Erfahrung mit Menschenbabys zugute. Denn was macht man nach dem Stillen eines Säuglings? Man nimmt ihn auf den Arm, um die Verdauung zu stimulieren. Bei den Vierbeinern ist es ähnlich, nur dass man sie anstatt hochzunehmen massiert. «Den häufigsten Fehler macht man bei der Handaufzucht, wenn man den Bauch und die Analgegend nicht lange genug massiert. Es reicht nicht, dies ein paar Minuten zu tun. Es gilt, je länger je besser», betont NetAp-Gründerin Esther Geisser. Schliesslich putzt die Katzenmutter ihre Welpen oft stundenlang und bringt damit ihre Verdauung in Schwung. Vernachlässigt man diesen Vorgang, läuft man Gefahr, dass die Kätzchen keinen Kot absetzen können und sterben. 

Läuft alles gut, steigt das Gewicht der Patienten täglich um etwa zehn Prozent – sofern sie gesund sind. Andernfalls kann es sein, dass sie anfangs kaum oder gar nicht zunehmen. Das sollte sich binnen weniger Tage ändern. Falls nicht: Ab zum Tierarzt! Eine Infektion können sich Handaufzuchten leicht einfangen, da sie einen geringeren Immunschutz haben als ihre mit Muttermilch aufwachsenden Artgenossen. Hygiene ist also das A und O. Eltern werden es kennen: Vor und nach dem Anfassen der Kleinen die Hände waschen und die Trinkbehälter und andere Utensilien nach Gebrauch stets sterilisieren.

Bei Handaufzucht drohen Macken
Gut gehegt und gepflegt, öffnen sich nach spätestens zwei Wochen die Augen der Büseli, nach 14 Tagen die Ohren und nach zwei bis drei Wochen spriessen die ersten Milchzähne, bis das Gebiss nach acht Wochen komplett ist. Organisch ist dann im Normalfall alles in Ordnung. Psychisch kann es dagegen anders aussehen. Katzen sind soziale Wesen und brauchen den Kontakt zu Artgenossen – vor allem in den ersten drei Lebensmonaten. In dieser Zeit lernen sie den Umgang miteinander, sie werden sozialisiert.

Fällt diese Lernphase weg, kann es im Laufe der Zeit zu Verhaltensstörungen kommen. Angefangen bei grobem Spielen, über Beissen und Anspringen bis hin zu Angststörungen und Hyperaktivität ist alles möglich. Ergo: Zieht man eine Katze von Hand auf, ist sie danach zwar sehr zahm, hat aber möglicherweise die eine oder andere Macke. Daher rät Geisser zur Aufnahme mehrerer Kätzchen, damit sie nicht alleine aufwachsen. Aber sie gibt auch Entwarnung: «Bei den wenigen Einzelaufzuchten, die wir hatten, haben wir keine störendenden Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, ausser dass sie wirklich eine starke Bindung zum Menschen hatten.»