In der aufregenden Welt der Spürhunde gibt es viele beeindruckende Hunde, doch Ferun ist wahrlich einzigartig. Die Chihuahua-Hündin arbeitet als Bettwanzenspürhund und behauptet sich mit grossem Selbstbewusstsein unter ihren grossrassigen Kollegen. Mit 2,5 Jahren wurde Ferun von Shirin Scheidegger und ihrem Mann adoptiert – nicht ahnend, welches Talent in dem winzigen Hund schlummerte.

Damals arbeiteten die Scheideggers im Rahmen ihrer Firma Pro Cane Hundecoaching & Spürhund mit ihren zwei Belgischen Schäferhunden bereits im Spürhundebereich. Ferun machte ihrem Namen, der aus dem Altgermanischen stammt und «die Freude Zaubernde» bedeutet, alle Ehre. «Sie war begeistert vom Training, extrem motiviert und auch wirklich gut», erinnert sich Shirin Scheidegger an die Zeit, als Ferun eine bemerkenswerte Nase und ihre aussergewöhnliche Fähigkeit, Dinge aufzuspüren, zum ersten Mal zeigte. Die Hundeexperten erkannten das Potenzial von Ferun. Als ihnen dann die Idee kam, Bettwanzenspürhunde auszubilden, war Ferun natürlich mit von der Partie.

Ein gewagtes Unterfangen, da Chihuahuas normalerweise nicht für solche Aufgaben eingesetzt werden. Mit viel Geduld und positiver Verstärkung begannen die Scheideggers, nicht nur einen ihrer Belgischen Schäferhunde, sondern auch Ferun auf die Geruchsspuren von Bettwanzen zu trainieren. So lernte die kleine Chihuahua-Hündin, gezielt nach den winzigen Insekten und ihren Verstecken zu suchen. Mittels in Röhrchen eingeschlossenen, aber lebenden Bettwanzen wurde Ferun darauf trainiert, den charakteristischen Geruch von Bettwanzen zu erkennen und anzuzeigen, wenn sie ihn entdeckt hatte.

Bei der Bettwanzensuche hat Shirin Scheidegger immer alle ihre einsatzfähigen Hunde dabei. «Da die Hunde eine begrenzte Einsatzdauer haben, reicht ein Spürhund allein nicht aus.» Zwar brauchen die Vierbeiner nur zwei bis drei Minuten, um einen Raum komplett nach Bettwanzen abzusuchen. Doch arbeiten sie in dieser Zeit olfaktorisch gesehen auf Hochtouren. Das ist extrem anstrengend für die Hunde. Scheidegger passt derweil auf, dass kein Ort unbeschnuppert bleibt. «Bettwanzenspürhunde arbeiten nicht nach Plan und müssen immer wieder auf bestimmte Stellen hingewiesen werden, denn die Insekten leben nicht nur im Bett. Sie können überall sitzen, zum Beispiel in den Steckdosen, hinter den Fussleisten oder auch in der Holzvertäfelung.» Zeigt ein Hund an, markiert oder notiert sich der ebenfalls anwesende Schädlingsbekämpfungsdienst die Stelle.

[IMG 2]

Routiniert und gelassen wie die Grossen

Die Chihuahua-Dame Ferun entwickelte durch ihre Arbeit ein unglaubliches Selbstbewusstsein, meint Scheidegger. «Sie ist supercool bei der Suche und lässt sich von nichts aus der Ruhe bringen.» Einmal sei Ferun von einem Regal gefallen. Zum Glück konnte Scheidegger die kleine Hündin mitten im Fall auffangen. «Als sei nichts geschehen, hat sie umgehend weitergesucht!» So auch nachdem eine Kundin auf Feruns plötzliches Einfrieren mit einem hysterischen Schreikrampf reagierte – die Chihuahua-Hündin hatte Bettwanzen entdeckt, woraufhin sie anzeigte, indem sie ihre Nase an die Stelle streckte und sich nicht mehr bewegte. Ferun wartete geduldig, bis Scheidegger die Kundin beruhigt hatte, und suchte dann munter weiter.

Aus gutem Grund zeigen Bettwanzenspürhunde ihren Fund still an, erklärt Scheidegger. «Durch Kratzen könnten sie Gegenstände beschädigen. Durch Bellen würden Nachbarn oder in einem Hotel die Gäste auf das Wanzenproblem aufmerksam.» In Hotels ist Ferun auch aufgrund ihrer Grösse ein gern gesehener Gast, wenn es um die Suche nach Bettwanzen geht. «Ein Malinois erregt sofort die Aufmerksamkeit von Gästen. Wenn ich hingegen mit Ferun in ein Hotel spaziere, halten uns alle für normale Hotelgäste.»

Oftmals sind solche Einsätze auf Verdacht, denn das Erkennen und die Bekämpfung von Bettwanzen ist eine Herausforderung. Eine Bettwanze kommt nur zum Blutsaugen und nachts aus ihrem Versteck, die Hautreaktion auf einen Bettwanzenbiss hingegen tritt erst Tage nach dem Biss auf. Bis dahin legt die Bettwanze in der Woche bis zu 25 Eier.

Bettwanzen in Kürze- Kleine Insekten, die sich von menschlichem und tierischem Blut ernähren
- Bisse führen zu juckenden, reihenweise auftretenden Hautrötungen
- Bevorzugen eine Umgebungstemperatur von 13 bis 35 Grad
- Verstecken sich oft in Betten, Matratzen, Möbeln und Teppichen
- Werden oft durch Kleidung, Koffer oder andere Gegenstände eingeschleppt
- Die Bekämpfung von Bettwanzen erfolgt thermisch durch einen Schädlingsbekämpfungsdienst

Erster Chihuahua-Suchhund Europas

Vor Corona war Ferun so gut wie täglich im Einsatz. Dabei hätte die kleine Chihuahua-Dame fast nicht als Bettwanzenspürhund arbeiten dürfen. Denn bei der Bedbug Foundation in Frankfurt, die europaweit für die Zertifizierung von Bettwanzensuchhunden zuständig ist, hatte man ernsthafte Zweifel, ob ein Chihuahua die Prüfung überhaupt bestehen könnte. Bis zu diesem Zeitpunkt waren nur grössere Rassen wie Deutscher und Belgischer Schäferhund, Retriever oder Border Collie angetreten und die Prüfungsaufgaben teilweise auf entsprechender Höhe angelegt.

Grosse Hunde können sich, wenn nötig, auf die Hinterbeine stellen, um Geruchsproben in 1,5 Metern Höhe zu entdecken. Ferun schafft all dies vom Boden aus und zeigt an. Selbst Scheidegger ist erstaunt über die Leistung ihrer Hündin. «Ferun findet gleich viele Gerüche wie ihre Kollegen. Sie schaffte daher die Prüfung im Jahre 2019 und auch alle jährlichen Rezertifizierungsprüfungen mit Bravour», erzählt Frauchen voller Stolz.

[IMG 3]

Feruns knappe 2,5 Kilogramm Gewicht und die winzige Grösse erweisen sich seitdem als echter Vorteil: Für die Chihuahua-Dame ist es ein Leichtes, in enge Räume zu kriechen – eine Fähigkeit, die Scheidegger wert achtet. «Ferun kann in sogenannten Messi-Wohnungen, in denen alles zugestellt ist, viel einfacher und zielgenauer alles absuchen als unser Malinois.» Die Hundeexpertin schätzt Ferun zudem für die Suche in Autos, in welche Bettwanzen ebenfalls häufig eingeschleppt werden. «Ferun kann auch hier genau dort suchen, wo grössere Hunde nur schwierig Zugang haben. Sie kriecht unter die Vordersitze und sogar ins Handschuhfach.»

Heute würde Scheidegger nie mehr nur mit grossen Hunden arbeiten. Sie findet die Kombination aus grossrassigem und winzigem Hund ideal. «Feruns winzige Grösse bietet einfach unschlagbare Vorteile in engen Räumen und Hotels.» Dennoch sei und bleibe Ferun ein Gesellschaftshund. «Während Arbeitshunde wie Border Collie, Labrador, Deutscher oder Belgischer Schäferhund arbeiten bis zum Umfallen, hat Ferun irgendwann keine Lust mehr.»

Mittlerweile hat die heute zehnjährige Ferun über 50 Einsätze mit Erfolg abgeschlossen und arbeitet nur noch sporadisch als Bettwanzensuchhund. An Auf-trägen würde es der Chihuahua-Hündin sicherlich nicht mangeln. Vielmehr ist ihre Besitzerin anderweitig ausgebucht. Als mit der Pandemie die Aufträge für die Bettwanzensuche einbrachen, fokussierte sie sich vermehrt aufs Hundetraining.

[IMG 4]