Mal kurz die Post aus dem Briefkasten holen oder die Kleider in die Waschküche bringen, mit diesen wenigen Minuten dauernden Aktionen startete ich das Training zum allein in der Wohnung blieben. Das funktionierte nach einigen Malen schon ganz ohne Jammern.

Das erste Mal etwas länger wagte ich Frieda allein zu lassen, um das Altglas zu entsorgen. Ich rechnete aus – in ziemlich genau zwölf Minuten sollte ich zurück sein. Ich stellte die Taschen bereit, zog Jacke und Schuhe an und dann spurtete ich los. «Jetzt bloss niemandem aus dem Quartier begegnen, der einen in ein Gespräch verwickelt und hoffentlich ist kein grosser Andrang an der Sammelstelle, sodass ich warten muss.» Solche Gedanken schwirrten mir im Kopf herum, als ich die Tür hinter mir zuzog. Als ich zurück ins Haus kam, der Entsorgungsgang war reibungslos verlaufen, hielt ich bereits unten an der Haustür inne, um zu horchen, ob irgendwelches Gebell oder Gejaule vom ersten Stock zu hören war. Aber alles war ruhig. Dies änderte sich auch nicht, als ich direkt vor der Wohnungstür stand. Dahinter erwartete mich eine freudige Frieda und eine Wohnung, in der noch alles an seinem angestammten Platz war.

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Lange Vorbereitung, kurze Joggingrunde

Die nächste Etappe war eine abendliche Joggingrunde. Eine eher kurze, wohlgemerkt. Nach 20 bis 25 Minuten wollte ich wieder zurück sein. Die Vorbereitungen nahmen indes fast mehr Zeit in Anspruch. Erst war natürlich ein ausgiebiger Spaziergang angesagt, dass Frieda sich erleichtern konnte und etwas müde wird. Und dann wurde eine richtig gehende Checkliste abgearbeitet. Ist auch alles, was gefährlich sein könnte, gut verstaut? Alle Schuhe, Kissen und Taschentücher, die angenagt werden könnten, unter Verschluss? Die Tür zum Schlafzimmer geschlossen? Das Licht im Wohnzimmer angeknipst, sodass es nicht zu dunkel ist und der Radio leise am Laufen, dass es nicht totenstill ist?

Als ich loslief, war Frieda in das Spiel mit ihrem Eichhörnchen vertieft. Ich veranstaltete keine grosse Abschiedszeremonie und joggte los. Der Blick auf die Uhr war mein ständiger Begleiter, nicht etwa, um meine Geschwindigkeit zu überprüfen, sondern um nachzusehen, wie lange Frieda nun schon allein ausharrte. Auch bei dieser Rückkehr war glücklicherweise alles ruhig und die Dackeldame empfing mich gleich hinter der Wohnungstür. Ob sie wohl die ganze Zeit dort ausgeharrt hatte? Und ob ich demnächst den Schritt wagen kann und sie eine ganze Stunde allein lasse?