Vor der Geburt

Gegen Ende Februar führte ich mit meinen Sachsengoldkaninchen mehrere gezielte Paarungen durch. Nach kurzen Annäherungsversuchen dauerte der effektive Deckakt jeweils nur wenige Sekunden. Nun begann das gros­se Warten. Waren die Paarungen erfolgreich? Als die Zibben nach wenigen Tagen die Einstreu durchwühlten, wertete ich das als gutes Zeichen. Nach 14 Tagen stellte ich durch vorsichtiges Abtasten fest, dass die Zibben tatsächlich trächtig waren.

Zwei Wochen vor der Geburt stellte ich den trächtigen Häsinnen Wurfkisten in das eine Abteil des Doppelstalls, damit sie sich an die neue Umgebung gewöhnen konnten. Diesen Teil des Stalles verdunkelte ich mit einer Abdeckung und achtete dabei darauf, eine Öffnung für die Luftzirkulation offen zu lassen. Schon bald trugen die Zibben Stroh in die Kiste und begannen mit dem Nestbau. Hin und wieder ignorieren sie die angebotene Nistgelegenheit und bauen das Nest nach ihrem Gusto. Kurz vor der Geburt polsterten die Häsinnen ihre Nester mit Haar aus, das sie sich an Brust und Bauch ausgezupft hatten. Die Tragezeit dauert meist 31 Tage, Abweichungen von ein bis drei Tagen sind möglich.

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Der Nachwuchs ist da

Tag 1
31 Tage sind um. Beim morgendlichen Kontrollgang entdecke ich Haare in der Wurfkiste der einen Zibbe. Einige Strohhälmchen bewegen sich. Nachdem ich das Muttertier im andern Abteil des Stalles weiss, führe ich eine erste Nestkontrolle durch. Meine Freude ist gross, als ich fünf nackte und blinde Jungtiere vorfinde, die sich eng aneinanderschmiegen und sich gegenseitig wärmen. Ihre Bäuchlein sind rund – ein gutes Zeichen. Bei Kleinrassen wie den Sachsengold wiegen Neugeborene zwischen 45 und 50 Gramm. Ich staune einmal mehr über die Selbstständigkeit der Muttertiere, die ihre Jungen unbeobachtet zur Welt bringen und sie von der Nachgeburt säubern. 

Tag 2
Beim morgendlichen Füttern sehe ich, dass die Jungtiere eine erste kalte Nacht unbeschadet überstanden haben. Beim Füttern am Abend bemerke ich ein Stockwerk tiefer ein weiteres Nest. Die acht Jungtiere liegen aber alle daneben und sind bereits ziemlich unterkühlt. Um sie zu retten, lege ich die Winzlinge sorgfältig in den mit einem Tuch belegten Deckel einer Kartonschachtel, den ich zu Hau­se in den Backofen schiebe. Bei einer Temperatur von 30 bis 35 Grad beobachte ich durch die leicht geöffnete Türe, wie sich die Tiere langsam wieder bewegen. Nach dem anscheinend gelungenen Wiederbelebungsversuch lege ich sie sanft in das bereitstehende Nest, das ich mit Haaren und Stroh zudecke.  

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Tag 3
Bei der Nestkontrolle des Achterwurfes ist die Spannung gross. Zu meiner Freude liegen sieben Jungtiere wohlgenährt und ruhig im Nest – eines finde ich leider tot vor. Ich entschliesse mich, eines der Jungen ins Nest des Fünferwurfes umzusiedeln. Damit ich es von den andern unterscheiden kann, kennzeichne ich es. Nach einiger Zeit gewähre ich dem für kurze Zeit separierten Muttertier wieder Zugang zum Nest, in dem sich nun ebenfalls sechs Jungtiere befinden. Das frohwüchsigste Junge wiegt bereits 100 Gramm, hat also sein Geburtsgewicht innert Kürze verdoppelt.  

Tag 4
Am Morgen entdecke ich, dass das «Pflegekind» gute Aufnahme gefunden hat, ist doch auch sein Bäuchlein voll. Adoption gelungen! 

Tag 5
Erfreulicherweise nichts Neues! Beim Kaninchennachwuchs sind die feinen Fellhaare nun gut erkennbar. Das schwerste Jungtier bringt 140 Gramm auf die Waage. Die Kaninchenmutter hat einen grösseren Wasserbedarf als vorher.

Tag 6
Die beiden Muttertiere sorgen bestens für ihren Nachwuchs. Ich finde jeweils am Morgen viel aufgeschichtetes Stroh über den Nestern. Darunter bleiben die Jungtiere auch in den kalten Nächten mit Minustemperaturen gut geschützt. 

Muntere kleine Jungkaninchen

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Tag 10
Das Gewicht des schwersten Jungtieres ist auf 175 Gramm angestiegen – die Wurfgeschwister sind nur geringfügig leichter. Die feinen Fellhaare sind weiter gewachsen.

Tag 12
Die Augen der sechs jungen Kaninchen sind geöffnet, das schwerste von ihnen wiegt nun 200 Gramm. Es hat somit sein Geburtsgewicht bereits vervierfacht. 

Tag 13
Die jungen Kaninchen liegen immer noch aneinandergeschmiegt im Nest und rühren sich kaum. 

Tag 17
Hin und wieder kann ich ein Junges auf einem kurzen «Ausflug» beobachten. Die tägliche Gewichtszunahme ist nun geringer als an den ersten Tagen. 

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Weitere Entwicklung

Die Kaninchen werden zusehends neugieriger. Sie unternehmen oft kurze Erkundungstouren ausserhalb des Nestes. Sie ziehen sich jedoch schnell wieder zurück, wenn sie gestört werden. Sie knabbern am Heu, das ihnen aufs Nest gelegt wird. In der vierten Woche wagen sich die frechsten der kleinen Hoppler an den Futternapf des Muttertieres vor und nehmen dort feste Nahrung zu sich. Sie werden selbstständiger und fressen und trinken aus dem Futternapf. Der Übergang von der Mutter­milchernährung zur gemischten Kost ist heikel und soll sorgfältig erfolgen. Hin und wieder ist ein «Dessert» in Form von Grünfutter – aber nur in kleinen Mengen – willkommen. Für den Züchter ist es ein Muss, täglich die Beschaffenheit des Jungtierkots zu prüfen. 

Die Jungtiere wachsen weiter und tollen gerne im Stall herum, bevor sie in regelmässigen Abständen an den Behältern mit Futter und Wasser oder beim bereitliegenden Heu anzutreffen sind. Häufig suchen sie die Zitzen des Muttertieres. Dieses «rettet» sich vielfach auf die erhöhte Ebene im Stall, um dem ungestümen Drängen der Jungen zu entfliehen. 

Jungtiere nehmen auch vom Blinddarmkot des Muttertieres auf. Dadurch bauen sie eine gesunde Darmflora auf. Nach acht Wochen können die Jungen in der Regel abgesetzt werden. Verhalten sie sich jedoch ruhig, dürfen sie noch weitere Tage oder gar Wochen beim Muttertier verbleiben. In der Regel werden die jungen Rammler zuerst separiert und die heranwachsenden Zibben noch belassen, solange sie sich ruhig verhalten. Später wird das Muttertier in einem neuen Stall untergebracht. So verbleibt den jungen Zibben noch einige Zeit in gewohnter Umgebung. 

In all diesen Wochen ist ein besonderes Augenmerk auf die Hygiene zu richten. Es empfiehlt sich, die Kotecke häufig zu säubern und den Stall regelmässig auszumisten, um  Krankheiten vorzubeugen.