Die vom Aussterben bedrohte Saiga-Antilope bevölkerte bis vor kurzem die Steppen Kasachstans so zahlreich wie schon lange nicht mehr: Der Bestand hatte sich von wenigen Zehntausend auf mehr als 250'000 Tiere erhöht. Im Frühling raffte eine unbekannte Ursache mehr als die Hälfte von ihnen dahin.

Detaillierte Analysen
Zwar handelte es sich nicht um das erste Massensterben dieser Art bei den sonst nur noch in kleinen Herden in Russland und in der Mongolei vorkommenden Saiga-Antilopen, aber: «Das Ausmass und die Schnelligkeit dieses Wegsterbens durch ganze Herden hindurch wurde noch bei keiner anderen Art beobachtet», erklärt der Geologe Steffen Zuther von der Altyn Dala Conservation Initiative, die sich um den Erhalt der kasachischen Steppe kümmert, gegenüber dem Online-Magazin «Life Science».

Zuther und sein Team waren den Sommer über beschäftigt, Proben zu analysieren, die sie von allem genommen hatten, mit denen die Antilopen in Berührung gekommen waren: Boden, Wasser, Vegetation. Des Weiteren wurden auch die Kadaver selbst unterucht. Dabei stellten die Forscher ein vermehrtes Vorkommen von Toxinen der Darmbaktiern Pasteurella und Clostridia im Gewebe der Antilopen fest. Diese sind normalerweise nur für Tiere mit geschwächtem Immunsystem gefährlich – doch in diesem Fall scheinen die Gifte zu inneren Blutungen und zum Tod von ganzen Herden geführt zu haben.

Mütter zuerst betroffen
Studienleiter Zuther sagt: «Diese Bakterien sind an und für sich nichts besonderes. Die Frage ist: Was hat sie sich derart schnell auf eine ganze Herde verbreiten lassen?» Eine mögliche Erklärung liefert das Klima: Auf einen kalten, harten Winter folgte in diesem Jahr ein nasser Frühling – mit üppiger Vegetation und vielen Wasserlachen, dank denen sich die Bakterien leichter verbreiten konnten. Ein verregneter Frühling sei aber an sich nicht so aussergeöhnlich, betont Zuther.

Ein anderes Indiz könnte die Tatsache sein, dass das die Massensterben meist zur Paarungszeit stattfanden. Im Winter schliessen sich verschiedene Herden von Saiga-Antilopen vorübergehend zu grossen Gruppen zusammen und trennen sich wieder auf, wenn im Frühling die Kälber geboren werden. Während dieser Zeit sind sie am anfälligsten für Krankheiten. Die Antilopen-Mütter sterben jeweils zuerst, gefolgt von ihren Jungtieren. «Es scheint, dass was auch immer die Tiere tötet, durch die Muttermilch übertragen wird», vermutet Zuther. Die Spurensuche geht also weiter.