«Wieder wurden Wanderfalken in der Schweiz vergiftet», scheibt BirdLife Schweiz in einer Medienmitteilung vom Mittwoch («Tierwelt online» berichtete). Dieses Mal habe der Einsatz eines Nervengiftes in Basel nachgewiesen werden können. Und zwar an einem Ort, an dem vier tote Wanderfalken durch BirdLife Schweiz und Partner an einem Hochkamin geborgen wurden. Wanderfalken sind sehr selten und potenziell gefährdet. Die Kantonspolizei Basel-Stadt hat einen Zeugenaufruf lanciert.

Weiter schreibt BirdLife Schweiz: «Besorgten Wanderfalken-Freunden in Basel fiel bereits im Frühsommer auf, dass sich an dem Horst an einem Hochkamin in der Solothurnerstrasse keinerlei Aktivität mehr abspielte. Natürlich können Wanderfalken auch ohne Zutun des Menschen sterben, aber dass gleich beide Eltern nicht mehr zu sehen waren, war seltsam und ein Alarmzeichen. Daraufhin untersuchten BirdLife Schweiz und Partner den Hochkamin mittels Drohne und schickten einen Industriekletterer hinauf. Dieser fand die Überreste von vier toten Wanderfalken.» 

BirdLife Schweiz sieht Taubenzüchter in der Pflicht
Die zwei Adulten und zwei Jungvögel seien fachgerecht eingesammelt und zur Untersuchung in ein Labor geschickt worden. Dort wurden die Überreste eines tödlichen Nervengiftes bestätigt. «Wir verurteilen die neuerliche Vergiftung von Wanderfalken auf das Schärfste», wird Stefan Greif zitiert, Projektleiter bei BirdLife Schweiz. «Wanderfalken sind in der Schweiz selten: Es gibt nur noch etwa 260 bis 320 Brutpaare.»

Der neue Vergiftungsfall sei leider nicht der erste in der Schweiz, schreibt BirdLife Schweiz weiter. Täter seien in den bekannten Fällen meist Taubenzüchter gewesen. Die Falkenhasser würden sogenannte «Kamikazetauben» einsetzen, die mit einer hochgiftigen Substanz bestrichen sind. Laut der Medienmitteilung zeige der Fall eines Wanderfalken-Weibchens, das 2011 in Zürich vor einer laufenden Webcam starb, eindrücklich, wie grausam diese Vergiftung ist. Zuletzt sei 2019 ein überführter Straftäter vom Bundesgericht zu 15 Monaten bedingter Freiheitsstrafe und einer Geldbusse verurteilt worden. Eine ganz ähnliche Strafe erhielt ein Straftäter 2016. Die Vergiftung von Greifvögeln ist ein Offizialdelikt, das zwingend eine strafrechtliche Verfolgung nach sich zieht.

Die Geschichte der Wanderfalken
Umweltgifte brachten den Wanderfalken ab den 1950er-Jahren an den Rand des Aussterbens in der Schweiz. Die Bestände haben sich seitdem etwas erholt und die Art kehrte auch in städtische Gebiete zurück, wo ihm die Gebäude als Ersatzfelsen dienen. Doch wegen wiederholter Vergiftungen durch einzelne Taubenzüchter sind mehrere Städte mittlerweile wieder verwaist. «Jeder Verlust eines Brutpaares wiegt schwer, da Wanderfalken relativ langlebige Vögel sind, die pro Jahr nur wenige Jungvögel hochziehen», sagt Stefan Greif.

BirdLife Schweiz setzt alles daran, um die Täter im aktuellen Tötungsfall zu eruieren. Mit einem Appell wendet sich der Vogelschutzverband an die Öffentlichkeit: «Wer sachdienliche Hinweise hat zu den Verbrechen an der Solothurnerstrasse in Basel rund um den Zeitraum von März bis Juni 2020, melde sich bei der Kantonspolizei Basel unter jagd@jsd.bs.ch. Für sachdienliche Hinweise, die zur Ergreifung von Tätern führen, kann BirdLife Schweiz dank der Unterstützung einer Stiftung eine Belohnung von bis zu 10'000 Franken aussetzen.»