Anlaufzeit braucht dieser Film nicht. Gleich zu Beginn bekommt der Zuschauer Bilder eines gewaltigen Bergpanoramas serviert, «irgendwo in den Alpen» in den 1960er-Jahren, wie ein Untertitel vielsagend verrät. Doch schon bald ziehen bedrohlich dunkle Wolken über der Handlung auf. Der zwölfjährige Lukas ist todunglücklich, nachdem er seine Mutter bei einem Brand verloren hat. Er spricht nur noch mit Tieren und würdigt seinen Vater kaum eines Blickes.

Parallel dazu stösst ein erstgeborener Jung- adler seinen Bruder aus dem Nest. Dieser überlebt zwar den Sturz, ist aber flugunfähig und damit dem Tod geweiht. Bange Momente brechen für das Tier und den mitfühlenden Kinobesucher an. Zum Glück findet Lukas den Steinadler rechtzeitig. Er nennt ihn Abel und päppelt ihn heimlich auf. Hilfe erhält er dabei vom gutmütigen Förster Danzer, der gleichzeitig als Erzähler der Geschichte fungiert.

Wer glaubt, dass jetzt alles gut wird, täuscht sich. Denn von nun an ist jeder Tag ein Überlebenskampf. Abel muss so schnell wie möglich flügge werden, damit ihn Lukas’ Vater nicht entdeckt und tötet. Der Raubvogel entwickelt sich jedoch prächtig. Er lernt nicht nur fliegen, sondern auch jagen. Danzer drängt deshalb darauf, Abel in die Wildnis zu entlassen. Doch dieser Schritt fällt dem Jungen unendlich schwer. Als Zeichen der Freundschaft befestigt Lukas zum Abschied den Armreif seiner Mutter an Abels Klaue. Ob die beiden sich jemals wiedersehen werden?

Viele Szenen kommen ohne Worte aus
Im Zentrum des Films steht der Kainismus, ein natürliches Phänomen, bei dem die Jungtiere einer Spezies bald nach der Geburt gegeneinander kämpfen, um sicherzustellen, dass die Stärksten überleben. Das ist auch bei Steinadlern so. Doch in diesem Fall wendet sich das Schicksal des verstossenen Vogels. Auch der menschliche Retter vollzieht eine Wandlung, indem er das wilde Tier aufzieht. 

«Die mögliche Beziehung zwischen einem Wildtier und einem Menschen ist ein sehr starkes erzählerisches Element. Manchmal ist das die reine Magie. Teilweise entwickelt sich die Story ganz ohne Worte», sagt der Produzent und Story-Entwickler Gerald Salmina. Tatsächlich sprechen viele Szenen für sich. Etwa, wenn Lukas eine Kaugummiblase macht und der handzahme Adler sie mit seinem Schnabel zum Platzen bringt. Wieder und wieder, als wäre es ein Spiel. Oder wenn Lukas seine Arme ausbreitet, um Abel das Fliegen beizubringen und ihn der Vogel dabei verdutzt ansieht. 

Um die fiktive Geschichte authentisch zu erzählen, scheute das Filmteam keine Mühen. Mehrere namhafte Falkner wurden an Bord geholt. «Mich hat dieses Projekt sofort fasziniert, und bald entwickelte ich Ideen, wie man gewisse Szenen umsetzen könnte», sagt der Falkner Franz Schüttelkopf. So flogen die Adler neben Ultralight-Flugzeugen her oder durch Schneekanonen zur Nachahmung einer Flucht vor einer Lawine. Die Vögel im Film stammen aus einer Falknerei und wurden in eine riesige Voliere umgesiedelt, die zum Filmstudio umfunktioniert wurde. Sie gewöhnten sich schnell an die Kameras und lebten ihr normales Leben, während die Kameraleute Nahaufnahmen des Alltags im Nest filmten.

«Wie Brüder im Wind» verbindet eine dramatische Familiengeschichte mit gewaltigen Naturaufnahmen. Selten ist es einem Film gelungen, von der ersten bis zur letzten Minute derart starke Emotionen zu wecken. Auch wer nicht nah am Wasser gebaut ist, sollte unbedingt genügend Taschentücher mit ins Kino nehmen.

«Wie Brüder im Wind», Drama/Naturfilm, 98 Minuten, Studio: Warner Bros, ab 28. Januar in den Schweizer Kinos.

Wir verlosen 3 x 2 Tickets für «Wie Brüder im Wind»! Zur Teilnahme schreiben Sie bis zum 28. Januar eine E-Mail mit dem Betreff «Adler» und Ihrer Adresse an redaktion@tierwelt.ch.

[IMG 2]