Der Urner Sicherheitsdirektor Beat Arnold will den Abschuss noch am Dienstag verfügen, wie die Staatskanzlei mitteilte. Die Abschussbewilligung ist auf 60 Tage befristet. Es gehe dabei nicht um eine Bestrafungsaktion gegen den Wolf, sondern um die Vermeidung von weiteren Schäden an Nutztieren, teilte die Urner Regierung am Dienstag mit. Wird der Wolf innert dieser zwei Monate nicht erlegt und schlägt er erneut zu, kann die Regierung über eine neue Abschussverfügung entscheiden.

Gemäss Urner Wolfskonzept darf ein Wolf abgeschossen werden, wenn er innerhalb eines Monats mehr als 25 Nutztiere reisst. Die Schadensschwelle sei in diesem Fall deutlich überschritten, heisst es in der Mitteilung.

Die in der Zentralschweiz zuständige interkantonale Kommission für Raubtierfragen hatte am Montag einstimmig dem Abschussentscheid der Urner Behörden zugestimmt. Der Kommission gehören die Jagdverwaltungen der Kantone Uri, Nidwalden, Obwalden, Luzern und Bern sowie die Sektion Wildtiere des Bundesamts für Umwelt an.

Parallel zum Abschussentscheid verlangt die Urner Regierung von den Schafhaltern einen besseren Herdenschutz. Künftig würden für Abschussentscheide in diesem Gebiet nur noch Risse gezählt, bei deren Herden alle technisch möglichen, praktikablen und finanzierbaren Schutzmassnahmen getroffen worden seien, heisst es in der Mitteilung.

In den vergangenen zwei Wochen hat vermutlich ein Wolf im Gebiet der Gemeinde Isenthal auf zwei Alpen 30 Tiere und bei zwei Heimbetrieben weitere zwei Schafe gerissen. Rund ein Dutzend Schafe wird laut Regierungsrat noch vermisst. Die Behörden gehen gemäss des Rissbilds von einem Wolf aus.

Autofahrer fotografiert Wolf
Die Angriffe auf die Schafe in Isenthal waren bereits der dritte Vorfall innert zehn Tagen im Grenzgebiet von Uri und Nidwalden, bei dem mutmasslich ein Wolf beteiligt war. Am 5. Juni wurden in Emmetten NW acht Schafe gerissen und getötet - vermutlich von einem Wolf. Dasselbe Tier soll am Vortag wenige Kilometer entfernt bei Isleten UR unterwegs gewesen und von einem Autofahrer fotografiert worden sein.

Der Kanton Uri zählt über 70 Schafalpen mit total über 16'000 Tieren. Gut die Hälfte davon lebt im Urserntal. Die grösste Schafalp mit gegen 1400 Tieren befindet sich im Gebiet Furka an der Grenze zum Kanton Wallis.Schäden durch Wölfe werden den Tierhaltern zu 80 Prozent vom Bund und zu 20 Prozent vom Kanton entschädigt. Je nach Zuchtwert liegen die Entschädigungen zwischen rund 150 und 1600 Franken.

«Keine langfristige Lösung»
Die Tierschutzorganisationen WWF Schweiz und die Gruppe Wolf Schweiz (GWS) bedauern und kritisieren den Entscheid zum Abschuss. Abschüsse von Wölfen stellten keine langfristige Lösung dar. Sie böten keine Alternative zum Herdenschutz.

Schon morgen könnte ein neuer Wolf den Platz des erlegten Tieres einnehmen, schreibt der WWF. Deshalb müsse auch in der Innerschweiz möglichst schnell ein funktionierender Herdenschutz aufgebaut werden. Auch die GWS fordert, dass alle Schafe im betroffenen Gebiet umgehend mit Zäunen oder Schutztieren geschützt oder umplatziert werden.

15 tote Wölfe seit 1998
In den vergangenen zwei Jahren wurden in der Schweiz 31 verschiedene Wölfe identifiziert. Sieben davon waren Weibchen, wie aus dem Raubtiermonitoring des Bundes KORA hervorgeht.

Seit 1998 bis heute wurden 15 tote Wölfe gefunden. Acht von ihnen wurden mit einer Bewilligung (VS 7, GR 1) abgeschossen, zwei wurden gewildert (VS 1, GR 1) und ein Wolf irrtümlich geschossen (GR 1). Drei weitere Wölfe wurden von einem Zug überfahren (je einer in BE, ZH und TI), und ein Wolf kam 1999 im Simplon-Gebiet angeblich unter einen Schneepflug.

Die Zahl der Risse durch Wölfe beläuft sich auf 100 bis 300 Nutztiere pro Jahr. Opfer sind neben Wildtieren (Hirsche, Rehe etc.) hauptsächlich Schafe und Ziegen, selten Rindvieh.