Mit der Brennnessel bringt man meist einen unangenehmen Juckreiz oder gar Schmerzen in Verbindung. Wer hat sich nicht schon einmal an einer Brennnessel verbrannt und sich hinterher darüber geärgert? Denn eigentlich kennt man die Grünpflanze und die Folgen bei einem Zusammentreffen ohne Handschuh oder sonstigen Schutz der Haut. Doch bei allem Ärger mit der Brennnessel, sie hat auch ihre guten Seiten – und das nicht zu knapp.

Bereits zu Kriegszeiten und in der Nachkriegszeit wurde die Brennnessel als wertvolle Futterpflanze angesehen und genutzt. Wie alle Grünpflanzen verfügt sie über zahlreiche Mineralstoffe, Vitamine und Wirkstoffe. Das enthaltene Vitamin A beispielsweise ist besonders wichtig während der Zucht- und Entwicklungsphase. In dieser Zeit würde ein Mangel dieses Vitamins zu einer schlechten Befruchtungs- und Schlupfrate führen und das Wachstum der Küken verzögern. Laut dem Fachmagazin «Geflügelbörse» sorgt Vitamin A aber auch für eine bessere Qualität der Eischale und beeinflusst den Kohlenhydrat- und Eiweissstoffwechsel positiv.

Das ebenfalls in der Brennnessel enthaltene Vi­tamin K seinerseits ist an vielen regulatorischen Stoffwechselaktionen beteiligt. Es wirkt an der Spermienbildung mit, sorgt im Ei für die richtigen Zellenverbindungen, schützt vor fehlerhaften Kalkablagerungen und spielt eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnungsregulation. 

An Mineralien enthält die grosse Brennnessel viel Eisen, Magnesium, Natrium, Kalium, Kalzium, Phosphor und Silicium. Zusätzlich sorgt sie beim Geflügel für eine intensivere Färbung des Eidotters. Dies, weil sich unter dem Blattgrün sowohl gelbliche als auch rötliche Farbstoffe befinden. Bei Hühnern mit gelben Läufen wie den Leghorn sorgt sie für einen intensiveren Farbton. Dabei muss man aber nicht befürchten, dass sich bei Brennnesselfütterung auch die fleischfarbigen Läufe der Altsteirer verfärben; dies ist genetisch nicht möglich. 

Auf die Gesundheit des Geflügels hat die Brennnessel wohl eine ähnliche Wirkung wie bei uns Menschen. Äusserlich angewandt, hilft sie gegen Rheuma und Gliederschmerzen. Eingenommen, verhindert oder mindert sie zumindest die jährlich wiederkehrende Frühjahresmüdigkeit, sorgt für eine verstärkte Nierenausscheidung und reinigt das Blut.

Brennnesseln, so weit das Auge reicht
Nebst den vielen gesundheitlichen Vorteilen ist die Brennnessel auch ein Wunder für das Portemonnaie. Ist sie doch beinahe überall kostenlos zu finden. Daher kommt es auch nicht von ungefähr, dass die Brennnessel zuweilen als Unkraut verschrien ist. Die Grosse Brennnessel, von der hier die Rede ist, wächst in Gebüsch- und Strauchvegetation, an Wegrändern, auf Schuttplätzen, an Flussufern, in Auenwäldern oder auf Misthaufen. Hauptsächlich aber ist sie in der Nähe von Siedlungen anzutreffen. 

Je nach Nährstoffversorgung wird die Brennnessel zwischen 60 und 150 Zentimeter hoch. Die Pflanze ist gut erkennbar an ihren gegenständig gesägten Blättern. Auf deren Blattoberseite befinden sich die sogenannten Brennhaare, dabei handelt es sich um lange, einzellige Röhren, deren Wände im oberen Teil durch eingelagerte Kieselsäure hart und spröde sind. Sie sind ein wirksamer Schutzmechanismus gegen Fressfeinde. 

Auch in Hühnerhöfen trifft man zuweilen Brennnesseln an. Von den Hühnern werden sie selten eines Blickes gewürdigt, geschweige denn gefressen. Was etwas erstaunt, denn im Hühnerhof wird in der Regel jegliches Grünfutter angepickt und verzehrt. Brennnesseln allerdings mögen Hühner nur gehackt oder sehr klein geschnitten. 

Und wie bei den meisten Zusatzfuttern empfiehlt es sich, die Hühner bereits im Kükenalter daran zu gewöhnen. Befeuchtet man die Brennnesseln mit etwas Wasser aus einem Besprüher, schmecken sie frischer, was beim Geflügel besser ankommt. Besonders an heis­sen Tagen, an denen Hühner generell wenig feste Nahrung zu sich nehmen, ist dies eine gute Möglichkeit bei den Tieren für mehr Appetit zu sorgen. 

Im Frühling kann man die Brennnessel gleich über dem Boden abschneiden, dann ist sie überall zart und schmackhaft. Gegen den Herbst verhärtet sich allerdings der Stängel im unteren Bereich der Pflanze. Dann eignen sich für die Fütterung am besten die weichen, zarten oberen Stängel mit ihrem Blattwerk. Einmal abgeschnitten, sollten die Stängel wie auch die Blätter fein geschnitten werden, bevor man sie den Hühnern zur Fütterung verabreicht. Dabei gilt: je jünger die Tiere, desto feiner der Schnitt. Beim Umgang mit Brennnesseln empfiehlt es sich, immer Handschuhe zu tragen, um sich nicht an den Brennhaaren zu verbrennen.

Versteck und Schattenspender
Da Brennnesseln in der warmen Jahreszeit gut zu finden sind, empfiehlt es sich, dann einen Vorrat des nützlichen Grünfutters anzulegen. Am besten schneidet man hierfür die Brennnesseln über dem Boden ab und bindet einige Stängel mit einer Schnur zusammen. Kopfüber hängt man sie danach an einem schattigen Ort zum Trocknen auf. Im Winter kann man dann Bündel für Bündel hervornehmen, in den Händen zermahlen und den Hühnern vorsetzen.

Die Brennnessel im Hühnerhof ist aber nicht nur für die Versorgung der Tiere gut, sie kann auch als Strukturierungselement des Auslaufes und als Schattenspender genutzt werden. Da sie nicht angefressen wird, bietet sie den Tieren einen guten Sichtschutz, um sich mal dem Blickfeld der restlichen Hühnerschar zu entziehen. Dies baut den sozialen Stress ab, der bei der strikten Rangordnung der Hühner immer wieder vorkommt, wenn die rangniederen Tiere den höher gestellten nicht aus dem Weg gehen können.