Noch regiert der Winter, doch die Tage werden spürbar länger. Gemäss einer Bauernregel nimmt die Taglänge von Weihnachten bis Neujahr um einen Hahnenschritt zu, von Neujahr bis Dreikönigstag um einen Männerschritt und von Dreikönig bis Lichtmess (2. Februar) um eine Meile. Lichtmess ist Wintermitte und gibt dem Bauern Auskunft über den Stand der Vorräte: Es beruhigt, wenn an diesem Tag noch die Hälfte des Heuvorrates vorhanden ist. 

Die Ausstellungssaison ist jetzt weitgehend zu Ende. Der Kaninchenzüchter kann sich aber nicht auf den warmen Ofen zurückziehen, denn die Zuchtsaison hat begonnen: Die Zibben sind trächtig oder haben bereits geworfen. Ein gutes Muttertier zieht seinen Wurf auch bei Kälte erfolgreich auf. Ein stabil gebautes Nest an der tiefsten Stelle im Stall ist eine gute Voraussetzung. Nestlinge krabbeln immer gegen unten und finden so und mit etwas Glück ins warme Nest zurück, falls sie sich einmal verirren. Vor allem in Aussenställen zeigen einige Zibben ein besonders gutes Gespür für die Witterung: Bei starker Kälte schichten sie zusätzliches Heu und Stroh auf das Nest. Der Züchter seinerseits kann helfen, indem er eine dünne Styroporplatte unter die Kotwanne legt und auf diese Weise das Nest von unten isoliert. So eingepackt können den Kleinen auch tiefe Minustemperaturen nichts anhaben. Dies jedoch nur, wenn die Mutter genügend Milch produziert. Milch liefert ja nicht nur Nährstoffe zum Wachsen, sondern auch Energie zum Aufrechterhalten der Körperfunktionen, so auch zum Erhalt der Temperatur. 

Die säugenden Zibben erbringen eine nicht zu unterschätzende Leistung
Die Nestkontrolle ist wichtig; man zählt die Jungtiere und entfernt etwaige Totgeborene. Bei sehr kalter Witterung sollte man nur einmal – gleich nach dem Werfen – gründlich kontrollieren. Denn das Öffnen des Nestes bringt Kälte hinein und verursacht Unruhe. Das erneute Aufheizen des Nestes und das Herumkrabbeln, bis alle Nestlinge wieder gemütlich liegen, verbrauchen unnötig Energie. So beschränkt man besser die tägliche Nestkontrolle auf ein Minimum. Es genügt, wenn man mit der Hand kurz hineinspürt, ob das Nest schön warm ist und rasch abtastet, ob alle Jungen da sind.

Kaninchenmilch ist mit rund 15 Prozent Fett und 13 Prozent Eiweiss viel gehaltvoller als Kuhmilch. Das zeigt sich auch im rasanten Wachstum der Kaninchen; bereits mit sechs Tagen haben sie ihr Geburtsgewicht verdoppelt. Der Züchter sollte sich bewusst machen, welch grosse Leistung seine Tiere erbringen: Am dritten Säugetag produziert eine etwa vier Kilogramm schwere Mutterhäsin im Durchschnitt 150 Gramm Milch. Die höchste Leistung erbringt sie zwischen dem zwölften und fünfzehnten Laktationstag mit mehr als 250 Gramm Milch täglich. Dann scheidet sie rund 33 Gramm Eiweiss und 45 Gramm Fett pro Tag mit der Milch aus und nährt damit ihre Jungen. 

 

Milchzusammensetzung verschiedener Säugetiere

TrockenmasseEiweissFettTage zur Verdoppelung
des Geburtsgewichts
Kaninchen32%13%18%6
Schaf19%5,8%7,4%18
Rind13%3,4%3,8%47
Mensch12,4%1%3,8%180

 

Um diese Leistung zu erbringen, braucht die Zibbe nicht nur gehaltvolles Futter, sondern stets auch genügend Wasser. Die Kraftfutterration wird in der ersten Woche nach dem Werfen langsam erhöht und durch abwechslungsreiches Frischfutter und milchanregende Kräuter ergänzt. Fenchel als frisches Gemüse und ebenso in Form von Fenchelsamen ist verdauungsfördernd und milchanregend. Getrocknete Brennnesselblätter enthalten viele Mineralien und sind ebenfalls milchbildend. Mariendistelsamen stärken zusätzlich die Leber, die als zentrales Organ für den Energiestoffwechsel in dieser Zeit stark beansprucht ist. Gutes Heu ist wichtig, damit die Verdauung in Schuss bleibt, und auch frische Äste gehören zu einer gesunden Fütterung dazu. 

Im Februar können wir noch keine Wildkräuter sammeln, doch für kränkelnde Kaninchen gibt es dennoch Hilfe aus dem Pflanzenreich. Verdauungsstörungen können mit rotem Zichoriensalat (Radicchio) behandelt werden. Man findet ihn in jedem Lebensmittelgeschäft. Die Bitterstoffe, die er enthält, regen Verdauung und Appetit an. Ein einzelnes Blatt pro Tag genügt als Heilnahrung, obschon dies die Kaninchen anders sehen; sie fressen den bitteren Salat, der mit der Wegwarte verwandt ist, fürs Leben gern. 

«Der homöopathische und biochemische Kaninchenarzt» von 1917 empfiehlt Schüssler Salz Nr. 2 (Calcium phosphoricum) zur Milchanregung. Der Milcheinschuss setzt rascher ein, was bei kühler Witterung vorteilhaft ist. Schüssler Salze gibt es auch in alkoholischer Lösung, die für Kaninchen besser geeignet ist als Milchzuckertabletten. Man gibt etwa 10 Tropfen auf einen halben Liter Wasser.

Ein schmerzhafter Milchstau lässt sich mit rotem Licht auf sanfte Weise lösen
Liegen die Nestlinge mit rundem Bäuchlein zufrieden im Nest, ist alles in bester Ordnung. Sind sie jedoch mager und faltig, springen sie der Hand hungrig entgegen, ist der Züchter gefragt. Die Zibbe leidet möglicherweise unter einem Milchstau. Die Milchkanäle sind verstopft, die Milchdrüse hart und äusserst berührungsempfindlich. Die sanfteste Art, einen Milchstau zu lösen, ist rotes Licht. Eine Militärtaschenlampe mit einem Rotfilter wird auf die verhärtete Stelle gerichtet. Zwei oder drei Minuten genügen. Dann streicht man mit der Hand sanft über die Verhärtung in Richtung der Zitze, die Milch sprudelt nun förmlich heraus. Auf diese Weise werden alle harten Stellen behandelt. Die Behandlung geschieht mit einer normalen Taschenlampe mit einem roten Filter. Auf keinen Fall rote Wärmelampen dazu verwenden, wie sie bei der Kükenaufzucht benutzt werden.