Die Zeiten sind glücklicherweise vorbei, in denen Kaninchen in alten Fässern und winzigen Kisten gehalten wurden. Diese Relikte der Krisenjahre waren lange Zeit die Regel in der Kaninchenhaltung. Hingegen wurden zu Beginn der Rassekaninchenzucht vor über 100 Jahren den Tieren grosszügige Ställe zugestanden. Rassekaninchen waren damals eine Kostbarkeit und wurden dementsprechend verwöhnt. Alte Illustrationen zeigen, dass Stallflächen von einem Quadratmeter nicht ungewöhnlich und Freilaufgehege gang und gäbe waren.

In den 1930er- und 1940er-Jahren mussten die Kaninchen zusammenrücken, sollten doch möglichst viele potenzielle Sonntagsbraten Platz in den Ställen finden. Mit der Rationalisierung der Landwirtschaft Anfang der 1950er-Jahre wurden Tiere zu Produktionseinheiten. Die Kaninchenzüchter orientierten sich an ihren bäuerlichen Vorbildern, kleine Boxenställe gehörten bald zum vertrauten Bild – kaum jemand hinterfragte diese Haltungsform.

Erst 1991 kamen mit der Tierschutzverordnung verbindliche Masse für Kaninchenställe, die Tiere erhielten wieder etwas mehr Bewegungsfreiheit. Es waren keine fürstlichen Dimensionen, die der Gesetzgeber forderte, aber durch die neue Idee der – damals heftig umstrittenen – erhöhten Ebene, des Balkons, erhielten die Ställe eine weitere Dimension und wurden tiergerechter.

Erfreulicherweise gab es aber immer auch Kaninchenhalterinnen und -halter, die ihren Tieren mehr Platz zur Verfügung stellten. Das bringt den Tieren zusätzliche Lebensqualität und dem Züchter besondere Freude am munteren Treiben seiner Schützlinge. Ein grosser Stall ist eine Augenweide, jedoch muss dabei stets auch ans Saubermachen gedacht werden. Riesen-Kotschalen werden rasch unhandlich und schwer. Ein Ausweg aus dem Dilemma «grosser Stall, aber bitte pflegeleicht!» ist die Doppelbox. Sie bietet dem Kaninchen einen Zweizimmer-Bau, die Kotschalen haben eine vernünftige Grösse und sind gut zu reinigen. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass meist nur eine Kotschale als Toilette benutzt wird und gereinigt werden muss.

Der Trick mit der Toilettenkiste
Der Nachteil des Doppelstalls: Durch die Unterteilung ist er zu eng zum übermütigen Herumrasen. Wer seinem Kaninchen eine kleine Indoor-Rennbahn zur Verfügung stellen will, nimmt die Zwischenwand heraus – falls es die Statik erlaubt. Dadurch verliert man zwar die Flexibilität, bei Bedarf aus dem Doppelstall rasch wieder zwei Einzelboxen zu machen, aber das Vergnügen der Langohren macht diesen Nachteil wett. Sie schätzen den grossen, offenen Raum und rasen immer wieder einmal eine Runde. Der Spalt zwischen den beiden Kotschalen kann auf einfache Weise mit einem Holzteil überbrückt werden, der auch als gemütliche Liegefläche dient. So landet der Urin in den Kotschalen und nicht im Stall.

Einen grossen Stall kann man auch handlich einrichten, indem man einen Teil der Bodenfläche mit einem Holzsockel etwas erhöht und die eingestreute Kotschale daran anschliesst (siehe Bild rechts). Es ist ja nicht unbedingt nötig, dass die Kotschale die gesamte Stallfläche ausfüllt. So ist ein grosser Stall einfacher zu misten und man verschafft dem Kaninchen zusätzlich eine Liegefläche, die gern angenommen wird. Wichtig ist, diesen Holzsockel nicht im dunkelsten Teil des Stalles zu planen, denn dieser wird oft als Toilette benutzt.

Viel zu selten setzen wir auf das natürliche Sauberkeitsbedürfnis der Kaninchen. Die meisten legen ja in ihrem Stall eine Kotecke an, die bei regelmässigem Misten nur eine kleine Fläche einnimmt. Stellt man nun eine kleine, mit saugfähiger Einstreu gefüllte Schale in diese Ecke (Bild unten ganz rechts), wird das Kaninchen diese als Toilette annehmen; das Misten wird zum Kinderspiel. Es hilft, wenn man zu Beginn einige Köttel hineinlegt, um dem Tier klarzumachen, dass dies jetzt die Toilette sei. Oft klappt dieser Trick auf Anhieb, andernfalls muss man ein paar Tage lang die am falschen Ort deponierte Köttel aufsammeln und in die Toilettenschale umräumen, bis das Kaninchen begriffen hat, wozu die Schale dient.

Beschäftigung hält gesund
Nicht nur die Stallgrösse verhilft zu mehr Lebensqualität. Aufwerten lässt sich das Kaninchenleben auch durch Beschäftigung, ähnlich wie das heute in den meisten Zoos gemacht wird. Grünzeug muss nicht immer im Napf serviert werden, man kann auch kleine Drahtkugeln damit befüllen und sie so aufhängen, dass sich das Kaninchen etwas anstrengen muss, um daran zu gelangen (siehe Bild linke Seite). Gemüse kann an einen Ast gesteckt und ebenfalls aufgehängt werden. So sind die Tiere längere Zeit mit dem Fressen beschäftigt und stärken damit gleichzeitig Muskeln und Knochen.

Ein Rückzugsort ist gesetzlich vorgeschrieben, er wird beispielsweise durch einen Balkon erfüllt, unter dem sich das Kaninchen verstecken kann. Röhren oder Häuschen können mehr Spannung ins Kaninchenleben bringen. Röhren lassen sich gut mit Heu befüllen, auch kann man in der Mitte einen Leckerbissen verstecken, sodass das Kaninchen das Heu herausrupfen oder fressen muss, um daran zu gelangen.

Für Kaninchen ist es spannend, Gegenstände aus anderen Ställen zu beschnuppern, die Geruchsmarken anderer Tiere zu «lesen». So kann man eine Röhre herumreichen; man lässt sie einen Tag lang in dem einem Stall und legt sie am nächsten Tag in den nächsten. Das Kaninchen wird interessiert daran schnuppern und seine eigene Geruchsmarke mit der Kinndrüse setzen. Ein solcher Leihgegenstand entspricht etwa unserem Facebook: Man erfährt, wer alles da ist und kriegt im Fall der Kaninchen via Geruchsmarken das Neueste über das Befinden mit.

Sind das nicht alles Spielereien? Beobachtungen an Labortieren zeigen Erstaunliches: Mäuse, die zur Erforschung von Krankheiten dienen, sind gentechnisch so verändert, dass sie nach kurzer Zeit eine einprogrammierte Krankheit entwickeln. Leben die Versuchsmäuse in normalen Laborkäfigen, die bloss Einstreu, Futterpellets und Wasser enthalten, werden sie – wie erwartet – krank. Erhalten die Labortiere hingegen Kletter- und Spielmöglichkeiten, erkranken sie erst zu einem späteren Zeitpunkt, zeigen einen milderen Krankheitsverlauf oder bleiben sogar gesund. Ein interessanteres Leben scheint demnach die Gesundheit zu stärken. So macht es durchaus Sinn, Kaninchenställe interessant einzurichten.

Praktische Tipps

  • Vorsicht Schimmelpilze! In Doppelställen oder Ställen mit kleinen Ecktoiletten sollte man regelmässig auch die sauber scheinende Einstreu kontrollieren und bei Bedarf ersetzen. Schimmelpilze bilden sich auch bei geringer Feuchtigkeit und schaden mit ihren Giftstoffen dem Tier.
  • Einstreu: Niemals klumpenbildende Katzenstreu im Kaninchenstall verwenden. Wenn das Kaninchen herumknabbert und davon schluckt, sind lebensbedrohliche Verdauungsstörungen die Folge.
  • Aufgehängte Drahtkörbe: Kontrollieren, dass von ihnen keine Verletzungsgefahr ausgeht.
  • Leihgegenstände: Röhren oder andere Dinge, die herumgereicht werden, soll man wegen der Ansteckungsgefahr nicht zu kranken Tieren legen.