«Alles neu, macht der Mai» – so steht es am Anfang eines Gedichts, das Hermann Adam von Kamp im 19. Jahrhundert verfasste. Er bringt darin seine Freude über das erneute Erwachen der Natur zum Ausdruck. Diese Freude erfahren auch wir gerade. Nach vielen grauen Winter- und launischen Apriltagen entzücken uns spriessende Bäume, in allen Farben blühende Blumen und das heitere Zwitschern der Vögel.

In den Anlagen der Kaninchenzüchter tummeln sich bereits seit einigen Wochen muntere Jungtiere, die nun vom reichlichen Futterangebot im Mai profitieren können. Viele Züchter beginnen zu Beginn dieses Monats mit der Grasfütterung. Dabei ist zu beachten, dass anfänglich nur kleine Portionen verabreicht werden. Diese können kontinuierlich gesteigert werden. Kaninchen mögen das frische und saubere Grünfutter und fressen es gierig. Zu Beginn dieser Phase ist es auch denkbar, den Tieren nur an jedem zweiten Tag Gras als Beigabe zu reichen. Dieser sanfte Einstieg ist nach rund zwei Wochen abgeschlossen. Wer sich nicht an diese Regel hält, darf nicht überrascht sein, wenn bei seinen Tieren unliebsame Verdauungsstörungen auftreten. Nach wie vor bilden auch zu diesem Zeitpunkt Heu und Wasser das Grundfutter. Wird gleichzeitig Grünzeug gereicht, kann die Kraftfuttermenge leicht reduziert werden.

Im Mai fallen in der Regel noch die letzten Würfe an. Andererseits werden die ersten Jungtiere bereits vom Muttertier getrennt. Vielfach sind erst die Rammler betroffen, während die jungen Zibben noch für einige Zeit beisammenbleiben. Nach dem Absetzen soll die Kraftfutterration für einige Tage reduziert werden. Den Tieren muss jedoch genug gutes Heu zur Verfügung stehen. Dadurch kann in dieser heiklen Entwicklungsphase Verdauungsstörungen vorgebeugt werden.  

In den Zuchtbüchern sollten sich nun die Aufzeichnungen häufen
Neben einer abwechslungsreichen Fütterung spielen zunehmend die Umwelteinflüsse eine Rolle. Grosszügig konzipierte, sauber gehaltene Boxen sind eine weitere Voraussetzung für die geregelte Entwicklung der noch recht empfindlichen Jungtiere. Es ist empfehlenswert, in kurzen Abständen zumindest die Kotecke regelmässig auszumisten. Damit bleibt den Tieren einerseits der Aufenthalt in unreiner Atemluft erspart und andererseits kann lästiges Ungeziefer ferngehalten werden. Auch Futter- und Wassergeschirre müssen stets sauber sein. Bei vielen Züchtern stehen die älteren Jungtiere bereits in diesen Wochen vermehrt auf dem Tisch. Sie gewöhnen sich an den Züchter und eignen sich dabei auch das gewünschte Präsentieren an.

Im Zuchtbuch häufen sich die Aufzeichnungen, gibt es doch während diesen Wochen viele Beobachtungen bei Jung- und Alttieren festzuhalten. Der erfahrene Züchter erkennt dabei bereits Tiere mit Mängeln, die für die Mast separiert oder an Hobby-Kaninchenhalter abgegeben werden. Andererseits freut er sich besonders über jene Tiere, die den Vorgaben und seinen Vorstellungen entsprechen. Er verfolgt deren Entwicklung genau. Dazu gehört auch regelmässiges Wägen. Bereits bei der Trennung vom Muttertier wurden diese «Zukunftshoffnungen» tätowiert. Je nach Art der Tätowierung – die allerdings nicht vorgeschrieben ist – erhält das Tier eine eigene Identität, die für den Züchter hilfreich ist.

Jungtierschauen sind eine gute Werbung für die Kleintierzucht
Im Mai führen verschiedene Kleintiersektionen ihre Jungtierschauen durch, welche bei der Bevölkerung beliebt sind. Viele Vereine erweisen sich dabei als innovative Organisatoren, die nicht nur die Jungtiere ihrer Mitglieder ausstellen. Im Gegenteil: Das Angebot umfasst diverse andere Tierarten, reicht vom Lama-Trekking bis zur Kutschenfahrt, vom Kurs über richtige Kleintierhaltung bis zum attraktiven Publikumswettbewerb und von der Kaninhop-Vorführung bis zum Brieftaubenauflass. Bei diesen Ausstellungen bietet sich den interessierten Besuchern immer wieder die Gelegenheit, mit Züchtern in Kontakt zu treten, die gerne Auskünfte über ihr Hobby erteilen. Den Vorsatz, diese bereichernde, naturnahe Freizeitbeschäftigung selber auszuüben, fassten schon diverse – mittlerweile begeisterte – Kleintierhalter an einer Jungtierschau.

Der Mai gilt bei den Kleintierzüchtern als erlebnisreicher Monat, der sich genau nach dem Zitat des deutschen Dichters Friedrich von Logau (1605 – 1655) richtet: «Dieser Monat ist ein Kuss des Himmels, den der Himmel gibt der Erde.»